Der Mann, der für Pink Floyd die Mauer baute
Wenn der Stadionsprecher die „Greatest Rock’n’Roll Band on Earth“ ankündigt, wächst hinter der Bühne eine gigantische Konstruktion in die Höhe, mit Beleuchtung und Pyrotechnik und allen möglichen Einfällen. Das nach Zehntausenden zählende Publikum ist begeistert. Wer aber hatte diese Einfälle?
Im Falle der Rolling Stones, vor allem aber von Pink Floyd war der Ideengeber der studierte Architekt Mark Fisher. Ihn zog es nicht zum Häuserbau. Schon während des Studiums an der renommierten Londoner Architectural Association und beeinflusst durch die rebellische Gruppe „Archigram“ beschäftigte er sich mit ephemeren Dingen, darunter mit aufblasbaren Gebilden. So kam der Kontakt zu Pink Floyd zustande. Aufblasbares zählte fortan zu ihren Bühnenshows, die in der Tournee „The Wall“ kulminierten.
Die fand bereits zu Anfang der Achtzigerjahre statt. Als aber in Berlin die Mauer fiel, bot sich ein Anlass, das Spektakel auch hier aufzuführen – einerlei, wie viel der simpel gestrickte Plot mit der politischen Situation Berlins zu tun hatte. Geschätzte 320 000 Zuschauer pilgerten am 21. Juli 1990 ins damalige Niemandsland zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz und bejubelten den schlussendlichen Einsturz der (Styropor-)Mauer des Bühnenbildes.
Er konnte Versionen entwickeln – und sie auch umsetzen
Vorbereitet hatte Mark Fisher das Spektakel teils mit präzisen Konstruktionszeichnungen, teils mit suggestiven Stimmungsbildern vom erwarteten Erlebnis. Das machte das Genie des – 2013 im Alter von nur 66 Jahren verstorbenen – Entwerfers Fisher aus: Er konnte Visionen entwickeln und zugleich den genauen Weg zu ihrer Realisierung aufzeigen, noch dazu unter den Bedingungen von zeitknappem Auf- und Abbau, von Transport und Anpassung an unterschiedliche Aufführungsorte. Seine überbordenden Zeichnungen, ob mit Bleistift oder farbig mit Airbrush gehöht, bedecken jetzt von oben bis unten die Wände im Museum für Architekturzeichnung am Pfefferberg, als wollte die Ausstellung nochmals unterstreichen, dass den Einfällen des Gestalters keine Grenzen gesetzt waren (Christinenstraße 18a, bis 16. Januar 2022. Katalog (dt./engl.) 25 €).
Neben den Bühnenbildern für ausgreifende Tourneen etwa von Jean-Michel Jarre oder U2 entwarf Fisher die Eröffnungsshow der Expo im südspanischen Sevilla 1992 oder eine Akrobatik-Darbietung im Londoner Millennium Dome im Epochenjahr 2000. Die Rolling Stones, weltweit als Show- Giganten unterwegs, ließen sich von Fisher für mehrere Tourneen Aufbauten entwerfen; in einem in der Ausstellung gezeigten Video sieht man sie mit Fisher scherzen.
Seiner grenzenlosen Fantasie kam der Auftrag von Elton John zupass, für dessen 200 Auftritte (!) im Paradies der Künstlichkeit das entsprechende Ambiente zu entwerfen: Der opulent gestaltete Katalog nennt es „Las Vegas-Barockprunk“. Was immer stilistisch gefordert war, Mark Fisher hat sein Handwerk verstanden.