Comeback beim United Cup: Angelique Kerber will es noch einmal wissen
Vor ihrem mit Spannung erwarteten Comeback nach mehr als anderthalb Jahren Baby-Pause gönnte sich Angelique Kerber noch eine kleine Bootstour mit malerischer Aussicht. Mit Blick auf das berühmte Opernhaus und die Hafenbrücke schipperten Kerber und Alexander Zverev in den Buchten Sydneys, die Sonne schien ihnen ins Gesicht. Doch zum Sightseeing sind die beiden deutschen Tennisstars nicht nach Australien gereist, hier steht der wichtige Saisonauftakt an. Für Kerber ist der United Cup gar ein kompletter Kaltstart.
18 Monate nach ihrem bislang letzten Match schlägt die frühere Weltranglisten-Erste wieder auf der Tennis-Bühne auf, die Rückkehr bezeichnet sie selbst als „wahrscheinlich größte Herausforderung in meiner Karriere“. Doch das Startfieber überwiegt deutlich die Zweifel. „Einfach wieder auf dem Platz zu stehen, Matches zu spielen und die Energie des Publikums zu spüren – das spornt mich an“, sagte die 35-Jährige: „Ich liebe den Sport, dafür mache ich das alles.“
Mit ihrer zehn Monate alten Tochter Liana ist Kerber am Mittwoch in Sydney angereist, ein Kindermädchen begleitet sie nicht. „Die Familie kennt die Kleine, hat den Rhythmus und die Abläufe miterlebt“, begründete Kerber. „Dann weiß ich, wenn ich auf den Platz gehe, ist alles unter Kontrolle und Liana in guten Händen. Das ist für mich das Wichtigste.“
Den United Cup, bei dem sie ab Samstag unter anderem mit Zverev für Deutschland an den Start geht, hat sich Kerber ganz bewusst als Comeback-Turnier ausgesucht. „Als Team für Deutschland anzutreten, gemeinsam mit Sascha Zverev, ist natürlich ein ganz anderes Gefühl, als bei einem regulären Turnier zu starten“, sagte die dreimalige Grand-Slam-Turniergewinnerin, die sich eine „sehr lustige Zeit“ erhofft. „Für uns beide ist es auch immer eine große Ehre, für Deutschland zu spielen.“
Mit Zverev ist auch ein Mixed-Doppel möglich. Der Olympiasieger freut sich auf das Wiedersehen mit Kerber und prophezeit: „Wenn sie fit ist, ist sie immer noch eine der Besten der Welt.“ Er habe in der Vorbereitung mit Kerber gesprochen, „sie trainiert schon sehr, sehr hart“, verriet der Weltranglisten-Siebte: „Das wird gut!“
Solch forsche Sätze kommen Kerber selbst nicht über die Lippen. „Ich mache mir keinen Druck, sondern lasse es einfach auf mich zukommen“, sagte die Kielerin und fügte mit Blick auf den ersten großen Saisonhöhepunkt ab 14. Januar in Melbourne an: „Jedes Match vor den Australian Open wird mir helfen, reinzukommen und meinen Rhythmus zu finden.“ Für ihr Comeback hat Kerber ihren langjährigen Wegbegleiter Torben Beltz als Trainer zurück ins Team geholt.
Ihren ersten Auftritt hat sie am Samstag im Duell gegen die Italienerin Jasmine Paolini. Am Neujahrstag wartet in der Französin Caroline Garcia eine auf dem Papier noch stärkere Gegnerin. Prognosen, wie gut sie schon mithalten kann, will Kerber nach der langen Pause nicht abgeben. „Ich bin vorbereitet und fit genug, um mir die beste Chance zu geben, wieder auf das Level zu kommen, auf dem ich aufgehört habe“, sagte sie und schränkte bewusst ein: „Ich muss mir aber auch Zeit geben.“ Nach der längsten Pause ihrer Karriere könne sie „nicht erwarten, in Australien direkt mein bestes Tennis zu spielen“.
Jedes Match vor den Australian Open wird mir helfen, reinzukommen und meinen Rhythmus zu finden.
Angelique Kerber über ihr Comeback
In Sydney kämpft die deutsche Auswahl in der Gruppe D gegen Italien und Frankreich um den Viertelfinaleinzug. Ausgetragen wird je ein Frauen- und ein Männer-Match sowie ein Mixed-Doppel. Auch andere Topstars wie Grand-Slam-Rekordgewinner Novak Djokovic aus Serbien und die polnische Weltranglisten-Erste Iga Swiatek nehmen an dem Event in Sydney und Perth teil.
„Ganz Tennis-Deutschland kann sich auf ein Tennis-Highlight freuen“, sagte die deutsche Frauen-Chefin Barbara Rittner. Man dürfe die Erwartungen an Kerber aber „nicht zu hoch ansetzen“, warnte sie.
Hoffnungen gibt das erfolgreiche Comeback der Dänin Caroline Wozniacki, mit der sich Kerber genau wie mit anderen Müttern auf der Tour nun noch mehr austauscht. „Jetzt wird beim Training in den Pausen das neue Thema sein, wo unsere Kinder gerade spielen oder was sie gerade wieder veranstalten“, sagte Kerber. Sie hat schon jetzt festgestellt, dass es „nur mit Flexibilität“ funktioniert.
Trotz der Reisestrapazen für ihr Kind und sie selbst ist Kerber froh, in Australien ihr Comeback geben zu dürfen. Seit ihrem ersten Grand-Slam-Turniersieg 2016 sei das „eines meiner Lieblingsländer“, sagte sie: „Es sind viele schöne Erinnerungen, die mir Kraft geben.“ Mit Töchterchen Liana an ihrer Seite kommen nun sicher viele neue dazu.