Cody Kessel und Dirk Westphal wagen ein „spannendes Experiment“
Als Cody Kessel und Dirk Westphal sich vor dem Wochenende auf den Weg nach Stuttgart machten, regnete es in Strömen. Es gewitterte und stürmte; im Internet kursierten Videos von Autos, die in den Wasserfluten versanken. Von daher überraschten die Reisepläne der beiden Sportler ein wenig. Sie waren gerade auf dem Weg nach Stuttgart, um Beachvolleyball zu spielen und wichtige Punkte für die Deutsche Meisterschaft in Timmendorf zu sammeln. „Ich denke schon, dass wir draußen spielen werden“, sagte Westphal und sollte damit Recht behalten.
So ungewöhnlich die Wochenendpläne angesichts der Wetteraussichten erschienen, so ungewöhnlich ist auch das Beachvolleyball-Duo: Eigentlich sind Cody Kessel, der bei den BR Volleys in Berlin spielt, und Dirk Westphal, der für die Netzhoppers in Königs Wusterhausen aufschlägt, nämlich Konkurrenten. Zumindest in der Halle. Im Sand sind sie in diesem Sommer zum ersten Mal ein Team.
Westphal, der bereits viele Jahre Beachvolleyball Erfahrung vorzuweisen hat, kam auf die Idee Kessel als Partner anzufragen, nachdem sein vorheriger Partner Max Betzien sich dazu entschieden hatte, in dieser Saison nicht zu spielen. „Nachdem mein Partner mich verlassen hat, habe ich mich gefragt, was ich diesen Sommer erreichen will“, erzählt Westphal, „und ich habe mich dazu entschieden, mir einen sehr guten Hallenspieler mit einer starken Physis zu nehmen. Ich denke, das ist ein spannendes Experiment.“
Kessel hatte noch keine Punkte
Die Anfrage kam für Kessel einigermaßen überraschend. Eigentlich habe er sich bei Westphal nur nach den Beach-Trainingszeiten erkundigen wollen, erzählt der US-Amerikaner, weil er sich im Sommer fit halten wollte. Zwei Tage später fragte Westphal ihn dann, ob er nicht die German Beach Tour mit ihm spielen wolle. „Das klang nach einer lustigen Idee.“
Ein bisschen herausfordernd war es aber auch, weil Neuling Kessel noch keinerlei Punkte vorzuweisen hatte. Das erschwert die Qualifikation für Timmendorf. „Ich habe aktuell acht Punkte und Dirk über 200“, sagt Kessel und lacht. Auch die Bürokratie hätte ihnen fast einen Strich durch die Rechnung gemacht, weil Kessel kein deutscher Staatsbürger ist. „Es war ein bisschen kurzfristig, deshalb musste alles sehr schnell funktionieren“, sagt Westphal.
Gerade einmal zwei Tage hatten sie Zeit, um Kessel für das erste Turnier in Düsseldorf zu registrieren. Das sei nicht einfach gewesen, sagt Westphal, aber er habe seinen Teamkollegen tatkräftig unterstützt. „Wichtig ist, dass Cody jetzt als deutscher Spieler gilt.“ Damit hat der 29-jährige US-Amerikaner nämlich freien Zugängen zu den Turnieren und braucht nicht jedes Mal eine Erlaubnis.
„Ein hartes Stück Arbeit“
Am kommenden Wochenende spielen die beiden noch einmal in Stuttgart, im Anschluss folgen zwei Heimspiele in Königs Wusterhausen und Berlin. Die beiden hoffen auf die Qualifikation für Timmendorf und wollen dort unter die besten zehn kommen. „Ich denke, dann können wir uns auf die Schulter klopfen und haben einen guten Sommer gehabt“, sagt Westphal. Im besten Fall reiche es, um sogar das Halbfinale zu erreichen. „Aber das wird ein hartes Stück Arbeit.“
Die größte Herausforderung bestand für Kessel darin, das richtige Timing zu finden. „Als Außenangreifer bekommt man in der Halle relativ schnelle Pässe und läuft manchmal blind an”, erklärt Westphal, „beim Beachvolleyball ist das anders: Da kriegt man eher langsamere Pässe mit einem größeren Bogen.” Daran müsse man sich erst einmal gewöhnen.
Und Kessel ergänzt: „Ich brauche ein bisschen mehr Leichtigkeit. Das kann auch in der Halle hilfreich sein, weil ich da oft zu hektisch bin.” Er glaubt, dass das gemeinsame Training mit Westphal ihm in der kommenden Saison bei den BR Volleys helfen könnte.
Gemeinsamer Musikgeschmack
Vor der Saison kannten die beiden Volleyballer sich nur flüchtig über die Turniere in der Bundesliga. Umso größer sei der Gesprächsbedarf, erzählt Westphal. „Wir versuchen uns jetzt besser kennenzulernen, weil das in einer Partnerschaft sehr wichtig ist.” Die erste Gemeinsamkeit kristallisierte sich schon während der Autofahrt heraus: Die beiden hören die gleichen Spotify Listen, meistens einen Mix aus Alternative, Rock und Indie. Die Fahrtzeit nutzen sie auch, um sich über gesellschaftliche Themen auszutauschen, zum Beispiel das politische System in Kessels Heimatland.
Zurzeit ist das Duo nicht nur bei den Beachvolleyball-Turnieren sehr gefragt: Beim Talente-Camp in Beach Mitte trainierten sie in der vergangenen Woche über 100 Kinder und Jugendliche . „Es war toll zu sehen, wie der Sport in Berlin immer mehr zurückkommt”, freut sich Kessel. Die beiden würde gern noch mehr Menschen für ihren Sport begeistern. Deshalb liegt ihr Fokus in diesem Sommer nicht nur auf Timmendorf: „Es gibt auch noch andere Sachen, die unser Duo erfolgreich machen könnten.“