Berlinale-Preisträger „The Good Mothers“: Mit Mut gegen die Mafia
Sieben Jahre lang sind Lea Garofalo (Micaela Ramazzotti) und ihre Tochter Denise (Gaia Girace) davon gelaufen. Vor ihrem Mann Carlo Cosco (Francesco Colella) und die ’Ndrangheta, gegen die Lea ausgesagt hatte. Weil sie auf das Zeugenschutzprogramm der Polizei vertraut hatte. Und weil sie ihrer Tochter ein besseres, selbstbestimmtes Leben ermöglichen wollte. Ein Leben, in dem Frauen nicht den patriarchalischen Erwartungen der kalabrischen Mafia entsprechen müssen – und weil sie eine gute Mutter sein will.
Die Serie britisch-italienische Mini-Serie „The Good Mothers“, die ab diesem Mittwoch bei Disney+ mit allen sechs Folgen abgerufen werden kann, hat den erstmals ausgelobten Berlinale Series Award gewonnen. „,The Good Mothers’ hat uns mit seinen vielschichtigen Charakteren, die sich vorsichtig vor unseren Augen entwickeln dürfen, überzeugt. Wir waren gerührt, angsterfüllt und manchmal atemlos“, hatte die Jury ihre Entscheidung begründet.
Zusammen mit ihrer Tochter kehrt Lea zu einem Treffen mit Carlo zurück. Obwohl es eine warme Nacht ist, dominieren kühle die Bilder die Szenerie. Das Neon-Licht lässt keine heimeligen Gefühle aufkommen. „Ich bin keine Gefahr für Dich, ich bin nicht länger eine Zeugin“ versichert Lea Carlo. Er lächelt sie an, aber die Augen erreicht das Lächeln nicht. Etwas Beängstigendes liegt auf diesem Treffen in einer Kirche, egal wie viel Kerzen Carlo seine Tochter anzünden lässt. „Wir müssen ihm vertrauen, wir haben keine Wahl“, sagt sie zu ihrer Tochter.
Die Serie basiert auf dem True-Crime-Roman von Alex Perry. Es ist die Geschichte dreier mutiger italienischer Frauen, die nicht länger bereit sind, den Teufelskreis aus Unterdrückung und Gewalt hinzunehmen. Unterstützt werden sie dabei von der ebenso couragierten Staatsanwältin Anna Colace (Barbara Chichiarelli). Sie lässt sich auch von Bombenanschlägen auf ihren Dienstsitz nicht von ihrem Vorhaben abbringen.
Colaces Plan setzt bei den Frauen der Mafia an, die sich nicht länger von ihren Vätern unterdrücken und von ihren Männern schlagen lassen wollen. Die den Mut zum Ausstieg haben. „Ich will diese Ketten zerschlagen“, sagt sie und sucht Frauen wie Giuseppina Pesce (Valentina Bellè), die lieber als Motorradkurierin Schutzgelder einsammelt als in der Mutterrolle aufzugehen – damit aber bei ihrem Vater auf Granit beißt. Auch Denise wird zu einer wichtigen Verbündeten für die Staatsanwältin, nachdem ihre Mutter nach einem Essen mit ihrem Mafia-Mann wie vom Erdboden verschwunden ist.
Obwohl es sich um eine britisch-italienische Koproduktion handelt, wurde die ebenso bedrückende wie packende Mini-Serie als italienisches Produkt entwickelt – mit Italienisch als Sprache. Eine besondere Herausforderung bestand für Drehbuchautor Stephen Butchard, Dialoge zu schreiben, die für Kalabrien authentisch sind, inklusive der entsprechenden Gesten. Daraus ergab sich eine weitere Herausforderung: Der britische Regisseur Julian Jarrold spricht kein Italienisch. Diese Sprachbarriere wurde durch Elisa Amoruso beseitigt, mit der Jarrold zusammen Regie führte.
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