BBL-Auftaktspiel gegen Hamburg: Alba Berlin startet mit Gebrüll in die neue Saison

Zehn Tage zwischen dem Ende der Basketball-Europameisterschaft und dem Beginn der Bundesliga sind wahrlich nicht viel Zeit und zumindest Johannes Thiemanns Stimmbänder hätten wohl etwas mehr Pause gebrauchen können. Den Gewinn von EM-Bronze hatte der deutsche Nationalspieler in den Katakomben der Berliner Arena mit einem Urschrei gefeiert, nun läutete er auch die neue BBL-Saison lautstark ein. „Is this all we got?“, brüllte ihm sein Alba-Kollege Louis Olinde beim Media Day entgegen, Thiemann antwortete mit etwas rauer Stimme: „This is all we need!“

Ob die Berliner wirklich alles haben, was es für eine weitere erfolgreiche Saison braucht, wird sich erstmals beim Eröffnungsspiel gegen die Hamburg Towers am Mittwoch (19 Uhr, kostenfrei auf Magentasport) in der MB Arena zeigen. Dann werden auch die Nationalspieler Thiemann und Maodo Lo, die am Sonntag beim 88:63 im letzten Testspiel gegen Aufsteiger Rostock noch geschont wurden, wieder mitwirken.

Als Serienmeister der vergangenen drei Jahre geht Alba klar favorisiert ins Rennen. Das gilt natürlich für das Spiel gegen die Norddeutschen, aber auch für die gesamte Saison. Alles andere als ein enges Titelrennen zwischen den Dauerrivalen aus Berlin und München wäre eine Sensation. „Es wäre naiv zu sagen, dass wir dieses Jahr wieder zwei Titel gewinnen“, sagte Thiemann. „Es wird verdammt schwer, aber wenn wir an die letzten Jahre anknüpfen, haben wir wieder gute Chancen.“

Dass die ersten Wochen der Saison etwas wacklig werden könnten, haben sie bei Alba einkalkuliert. Mit Lo, Jaleen Smith und Tamir Blatt waren alle drei Spielmacher bei der EM, außerdem mit Thiemann und Yovel Zoosman zwei weitere Leistungsträger. Marcus Eriksson und Malte Delow haben die gesamte Vorbereitung verletzungsbedingt verpasst. „Wir haben das Programm dieses Jahr etwas verändert“, sagte Sportdirektor Himar Ojeda. Es wurden weniger Testspiele angesetzt, denn angesichts der vielen Abwesenden „macht es keinen Sinn, so oft zu spielen, wenn man nicht darauf aufbauen kann“.

Doch im Gegensatz zur Vorsaison, als Alba drei der sechs BBL-Niederlagen an den ersten fünf Spieltagen kassierte, dürften die Anlaufschwierigkeiten in den kommenden Wochen deutlich kleiner ausfallen. Vor einem Jahr hatte Israel Gonzalez den Cheftrainerposten gerade erst von seinem Lehrmeister Aito Garcia Reneses übernommen, im Team hatte es zahlreiche personelle Veränderungen gegeben, dazu fehlten einige Spieler verletzt.

Dieses Mal können die Berliner auf einer sehr soliden Basis aufbauen. Mit dem Abgang von Oscar da Silva sowie den Verpflichtungen von Yanni Wetzell und Gabriele Procida gab es so wenig Bewegung im Kader wie seit vielen Jahren nicht mehr. „Unser Vorteil ist, dass wir die Mannschaft zu großen Teilen zusammenhalten konnten und nur zwei neue Spieler integrieren müssen“, sagte Trainer Gonzalez.

Johannes Thiemann (rechts) und Maodo Lo sind nach dem Gewinn von EM-Bronze wieder zurück bei Alba.
Johannes Thiemann (rechts) und Maodo Lo sind nach dem Gewinn von EM-Bronze wieder zurück bei Alba.
© imago images/camera4+

Die große Herausforderung für die Berliner dürfte in dieser Saison nicht das Einspielen zu Beginn sein, sondern das Konservieren der Form. Die fünf EM-Teilnehmer sind bereits seit Wochen im Spielrhythmus. „Wir sind am Beginn der Saison, aber die Jungs haben schon einen Höhepunkt hinter sich“, sagte Manager Marco Baldi. In den kommenden neun Monaten gibt es bei rund 80 Spielen kaum Pausen. Die Belastung als grenzwertig zu bezeichnen, ist ein Euphemismus.

Auf Albas medizinische Abteilung, die Physios und das Trainerteam kommt viel Arbeit zu, doch Athletikcoach Pepe Silva Moreno ist zuversichtlich, dass es auch in dieser Saison gelingen wird, das Team gut durch die Terminhatz zu bekommen. Schon 2019 und 2021 kamen einige Berliner Profis nach der WM beziehungsweise den Olympischen Spielen ohne richtige Pause direkt in den Ligabetrieb.

In den vergangenen Wochen stand Silva mit Albas Nationalspielern in Kontakt, erkundigte sich über das Wohlbefinden, Erschöpfung, Schmerzen. Smith, Zoosman und Blatt sind bereits wieder voll ins Team integriert. Lo und Thiemann wurden seit ihrem Trainingsstart am Freitag behutsam wieder herangeführt. „Körperlich sind sie in Form, aber wir müssen aufpassen, denn die Saison ist lang“, sagte Silva. Der Schlüssel sei die Individualisierung. Wenn sich ein Spieler müde fühlt oder bei der Leistungsdiagnostik Erschöpfung sichtbar wird, muss das Training angepasst werden und auch mal ein Spiel ausgesetzt werden.

Das klingt einfach, ist angesichts des Spielplans und möglicher Verletzungen im Team aber „verdammt schwierig“, wie Thiemann sagt. „Ich weiß, was für Auswirkungen der Sommer mit der Nationalmannschaft auf die ganze Saison hat. Es werde sicher Phasen geben, in denen man „ein bisschen auf dem Zahnfleisch geht“. In den vergangenen Jahren sei es ihm aber immer gelungen, in den Play-offs wieder in guter Form zu sein. Beim Titelgewinn im Juni wurde Thiemann sogar zum Finals-MVP gewählt.

Doch so weit denkt bei den Berlinern momentan noch niemand. Vor ein paar Tagen hatten Albas Bronzemedaillengewinner nach allem, was in den vergangenen Wochen auf sie einprasselte, noch ihre liebe Mühe, den Gegner beim Eröffnungsspiel zusammenzubekommen. Mittlerweile dürfte sich das geändert haben, denn unterschätzen wird Alba die Towers sicher nicht, auch wenn diese vermutlich ähnlich weit von einer idealen Vorbereitung entfernt sind wie die Berliner. Bei den Hamburgern standen im Sommer großflächige Bauarbeiten an – und damit ist nicht der Einstieg eines Namenssponsors gemeint.

Personell hat sich bei den Towers viel getan, die Abgänge sind zahlreich und prominent. Nationalspieler Justus Hollatz zog es etwa nach Spanien, auch Trainer Pedro Calles ist nicht mehr da und wurde durch Raoul Korner ersetzt. Mit DBB-Center Jonas Wohlfahrt-Bottermann und dem von Alba ausgeliehenen slowenischen Talent Ziga Samar sind zwei EM-Teilnehmer erst in der vergangenen Woche ins Training eingestiegen.

„Wir hatten erst drei Trainingseinheiten in voller Stärke und müssen in den nächsten Wochen richtig zusammenwachsen“, sagte Hamburgs Geschäftsführer Marvin Willoughby und fügte lachend hinzu: „Aber wir sehen das positiv und ein Auftaktsieg gegen den deutschen Meister und Pokalsieger würde natürlich helfen.“ Bei Alba werden sie sicherlich etwas dagegen haben.

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