Ausbruch aus der Endlosschleife

Der Mann, der einfach bloß Guy heißt, also „Typ“, und ohne Nachnamen auskommen muss, ist im Immergleichen gefangen. Jeden Morgen springt er fröhlich aus dem Bett, begrüßt seinen Goldfisch mit „Hallo Goldie!“, kauft sich einen Supercreamy-Cappuccino mit zwei Stück Zucker und schlendert damit zur Free Bank, wo er seine Arbeit hinter einem Tresen verrichtet und Formulare stempelt. Den Kunden ruft er den immer selben Gruß hinterher: „Haben Sie keinen guten Tag – sondern einen großartigen Tag!“

Dauergrinsen im Gesicht

Ryan Reynolds spielt diesen Glückspilz mit einem Dauergrinsen. Selbst die Bankräuber, die jeden Tag zur selben Zeit das Gebäude stürmen und mit Maschinengewehren in die Luft ballern, können ihm seine Zuversicht nicht nehmen. Guy hat nichts zu befürchten, er hält sich für unverwundbar, quasi unsterblich. Seine Stadt Free City ist ein „Paradies“, erzählt er aus dem Off. Das Paradies kann allerdings zur Hölle werden. Guy ahnt, dass ihm etwas fehlt: wirkliche Lebendigkeit, ein großes Abenteuer.

Der Plot von Shawn Levys Actionkomödie „Free Guy“ erinnert an die „Truman Show“. Auch dort lebt der Protagonist in einer Endlosschleife, bis er zu rebellieren beginnt. Als eines Tages ein Scheinwerfer vom Himmel stürzt und neben ihm auf die Straße knallt, dämmert Truman Burbank, dass er wohl in einem gigantischen Fernsehstudio wohnt. Einen solchen Moment der Erkenntnis gibt es auch in „Free Guy“. Weil er genug davon hat, sich bei jedem Überfall auf den Boden zu werfen, attackiert Guy einen Bankräuber und reißt ihm die Sonnenbrille vom Kopf. Durch die Brille sieht alles sofort spannender aus. Überall blinken Icons in Form von Münzen, Kirschen oder Sternen, zuvor unsichtbare Geheimgänge tun sich auf.

Rebellion eines Komparsen

Free City stellt sich als ein Videospiel heraus, das mit seinen Fallschirmabsprüngen, Verfolgungsjagden, Bazooka-, Schwert- und Karatekämpfen wie ein Verschnitt von „Fortnite“ und „Grand Theft Auto“ wirkt. Als Non-Player Character (NPC) gehört Guy zum digitalen Fußvolk. Anders als die Sonnenbrillen-Helden, die als Avatare von echten Menschen gelenkt werden, lässt ihm seine Programmierung nur die Rolle des Komparsen. Bis er aufbegehrt, eine der Brillen klaut und die Klasse wechselt.

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Shawn Levy hat die beiden „Nachts im Museum“-Filme inszeniert, in denen ein Dinosaurier-Skelett, Spielzeugsoldaten und eine Präsidenten-Statue nach Mitternacht im New Yorker Naturkundemuseum zum Leben erwachen. Von der Magie dieser Kino-Märchen sind in „Free Guy“ allenfalls noch Spurenelemente übrig. Zwar nimmt der Film Tempo auf, wenn die Handlung zwischen der virtuellen Welt von Free City und dem Studio, in dem das Spiel programmiert wurde, zu wechseln beginnt. Doch wirkliche Spannung entwickelt sich dabei nicht, auch wenn der Firmenboss (Taika Waititi) das Game herunterfahren lassen möchte – was Guy die Existenz kosten würde.

Anders als in der „Truman Show“ geht es bei „Free Guy“ eben nicht um Kultur- oder Medienkritik. Die endlosen Kämpfe, in die Guy verwickelt wird, wirken mitunter wie ein abgefilmtes Ego-Shooter-Spiel, nur dass sie in Kulissen stattfinden, die an Supermans Festung der Einsamkeit oder den Schurkenpalast aus einem „James Bond“-Film erinnern.

[“Free Guy”, ab Donnerstag, 12. August, in 17 Berliner Kinos]

Kann sich künstliche Intelligenz verlieben? Guy tut es, er verliert sein Herz an das Molotov Girl, eine Manga-Amazone, die von der Programmiererin Millie („Killing Eve“-Star Jodie Comer in einer Doppelrolle) gesteuert wird. Der beste Gag ist vielleicht, dass Guys bester Freund, ein Wachmann (Lil Rel Howery), Buddy heißt. So wird die insgesamt wenig witzige Komödie auch noch zum Buddy-Movie.