Lucca Comics and Games: Wenn die Toskana zum Mittelpunkt der Popkultur-Welt wird

Es gibt einen Ort in der Toskana, der im internationalen Tourismus nicht so bekannt ist wie Florenz, Siena oder Pisa, aber trotzdem jedes Jahr zahlreiche Menschen aus aller Welt anzieht. Es geht um die bezaubernde Stadt Lucca, die nicht nur mit einer in Europa einzigartigen historischen Stadtmauer besticht.

Jedes Jahr Ende Oktober verwandelt sie sich zudem in eine der Hauptstädte der weltweiten Unterhaltung und Popkultur. Anlass ist das Festival Lucca Comics and Games. Das findet in diesem Jahr zum 59. Mal stattfindet, und zwar vom 29. Oktober bis zum 2. November.

Gegründet 1965 als Salone Internazionale dei Comics und unterstützt von bedeutenden Intellektuellen wie Umberto Eco, war es die erste Veranstaltung dieser Art, die den Comics gewidmet war. Sie wurde zum Vorbild für andere Festivals wie das Festival international de la bande dessinée d’Angoulême und auch den Internationalen Comic-Salon Erlangen.

Nach einer ersten Ausgabe in Bordighera (Ligurien) zog das Festival 1966 nach Lucca, wo es im Laufe der Jahrzehnte immer weiter wuchs. Ausgehend von den Comics wurde es Schritt für Schritt zu einem wichtigen Festival für zahlreiche Bereiche der Unterhaltung – von Karten- und Brettspielen bis zu Video- und Rollenspielen, von Kino und Fernsehserien bis zur Animation, vom Cosplay bis zur Jugendliteratur.

Zwischen Stadtmauern, Palästen und Kirchen

Seit den 2000er Jahren findet das Festival innerhalb der Stadtmauern statt und bietet damit eine einzigartige Atmosphäre: Ausstellungen werden in wunderschönen Kirchen und herzoglichen Palästen aus dem 19. Jahrhundert gezeigt. Rollenspiele finden auf und innerhalb der Stadtmauern statt.

Das Festival Lucca Comics and Games zieht Fans von Independent-Comics ebenso an wie die von Mainstream-Werken, und auch Cosplay gehört zum Programm.

© Lucca Comics and Games

Die Messe bietet Begegnungen mit Autor:innen, Signierstunden, Spieltests sowie immersive und interaktive Erlebnisse und wurde in immer größeren Zelten untergebracht, die Tausende von Menschen aufnehmen können.

In den vergangenen zehn Jahren zählte das Festival durchschnittlich 200.000 Besucher:innen pro Ausgabe (40.000 pro Tag, mit einem Rekord von 319.000 verkauften Tickets im Jahr 2022).

Das Wachstum zog neue Partner an: Neben den Ständen der Messe mit allen wichtigen italienischen Comic-Verlagen und seit einigen Jahren auch einigen internationalen, einem Bereich für unabhängige Comics sowie dem Pavillon, in dem Originalzeichnungen verkauft werden, sind inzwischen auch andere bedeutende Akteure der Unterhaltungsbranche vertreten. Darunter alle bedeutenden Film- und Fernsehproduktionsfirmen (Warner Bros., Netflix, Prime Video), Herausgeber von Brett- und Kartenspielen (wie „Magic“), Videospielhersteller (Nintendo, Playstation und viele andere), Merchandise-Anbieter (Funko Pop) und Sammlerspiele (Lego).

Das diesjährige Festivalplakat wurde von der französischen Illustratorin Rebecca Dautremer gestaltet.

© Lucca Comics and Games/Rebecca Dautremer

Hinzu kamen in den letzten Jahren, nur um ganz aktuelle Beispiele zu nennen, auch Tim Burton (der 2022 in Lucca die Italienpremiere von „Wednesday“ präsentierte) und Alexey Pajitnov im Jahr 2024 (der Schöpfer von „Tetris“), aber auch viele andere, die Filme, Serien und Spiele in internationaler Vorpremiere vorstellten.

Nicht zu vergessen sind außerdem die bedeutendsten italienischen Comiczeichner:innen (unter ihnen Gipi, Igort, Zerocalcare) und die besten Nachwuchstalente, die stets auf der Messe vertreten sind, Gäste bei verschiedenen Verlagen und für Begegnungen und Signierstunden verfügbar.

French Kiss: die Ausgabe 2025

Die Ausgabe 2025 mit dem Titel „French Kiss“, hat das Ziel, die Konzepte von Liberté, Créativité, Diversité zu feiern, Begriffe wie Community und Inklusivität (seit Jahren Grundpfeiler des Festivals) zu bekräftigen und zusammen mit dem Institut Français Frankreich mit verschiedenen Initiativen zu würdigen. Dazu gehört eine Ausstellung der berühmten französischen Illustratorin Rebecca Dautremer, Schöpferin des Festivalplakats.

Blick vom Torre Guinigi auf die Altstadt von Lucca.

© imago/Frank Brexel/imago stock&people

Mit einer so großen Zahl an internationalen Gästen ist die Messe leicht auch für Besucher:innen aus anderen Teilen der Welt zugänglich. Auch wenn viele der Hinweise vor Ort und die angebotenen Produkte überwiegend auf Italienisch sind, finden die Begegnungen mit Gästen in Originalsprache statt, oft auf Englisch, und werden für das nationale Publikum simultan übersetzt.

Auch die offizielle App der Veranstaltung kann auf Englisch eingestellt werden, sodass man sich in einem Labyrinth von Pavillons und in einem Meer von Menschen besser zurechtfinden kann.

Für diejenigen, die sich zum ersten Mal nach Lucca wagen, kann die Erfahrung intensiv, manchmal sogar überwältigend sein. Aufgrund der hohen Besucherzahlen wurden die Pavillons im Laufe der Zeit auf das gesamte historische Zentrum ausgedehnt. Der Bereich, der Japan gewidmet ist, wurde sogar in die Peripherie verlegt, erreichbar mit Shuttle-Bussen alle zehn Minuten.

Man muss also darauf vorbereitet sein, durch die Straßen der Stadt zu laufen, die an den Wochenendtagen teilweise ziemlich überfüllt sind. Wer eine Pause braucht, findet in den zahlreichen Kirchen und im Dom ausgezeichnete Ruheplätze, die zudem auch einen Besuch wert sind.

Der Zugang zu den Pavillons, obwohl er sich im Laufe der Jahre verbessert hat, kann dennoch zu langen Wartezeiten führen, bedingt durch die begrenzten Dimensionen im Verhältnis zu den Besucherströmen. Das gilt vor allem für die Zelte, die Filmen, Spielen, Sammlerstücken und Foto-Gelegenheiten gewidmet sind, weniger für den Comic-Bereich.

Mit Warteschlangen muss man außerdem auch bei Signierstunden und exklusiven Treffen mit Autor:innen rechnen. Deshalb ist es ratsam, sowohl die Websites als auch die Social-Media-Profile der Verlage und des Festivals zu konsultieren (oft detaillierter aktualisiert als die App). Für öffentliche Veranstaltungen unterliegt die Teilnahme einer Reservierung über Eventbrite – ein Verfahren, das im Laufe der Jahre mehrfach kritisiert wurde und sich möglicherweise ändern wird.

Der Ticketpreis (noch verfügbar unter luccacomicsandgames.ticketone.it/en) liegt zwischen 25 und 32 Euro pro Tag. Es empfiehlt es sich, zumindest ein Zwei-Tages-Ticket zu kaufen. Ein einzelner Tag reicht inzwischen kaum noch aus, um Lucca Comics and Games wirklich zu erleben; in diesem Fall müsste man sich auf nur einen Aspekt des Festivals konzentrieren und andere außen vor lassen.

Es gibt jedoch auch eine kostenlose Option: Während für den Zugang zu den Pavillons ein Ticket erforderlich ist, gibt es für die Ausstellungen, viele Begegnungen, einige Pavillons sowie für das Umherstreifen in der Stadt keine Einschränkungen – und so kann man die Festivalatmosphäre auf eine andere, aber dennoch erfüllende Weise erleben.

Im Allgemeinen gilt der Rat, für diejenigen, die keine bestimmte Veranstaltung oder einen bestimmten Gast besuchen wollen, das Festival vor allem nicht an einem Samstag zu besuchen, um das Erlebnis in Lucca zumindest ein wenig entspannter zu genießen, ruhiger spazieren zu gehen und vielleicht auch unerwartete Teile der Stadt zu entdecken – sowie gastronomische Angebote, die umso erschwinglicher werden, je weiter man sich von den am dichtesten besuchten Pavillons entfernt.

Für eine Anreise aus Deutschland bietet sich die Wahl zwischen dem internationalen Flughafen Pisa oder dem Flughafen Bologna an (beide mit Billigflügen aus Berlin), während man mit teureren Flügen auch den Flughafen Florenz (von Frankfurt oder München aus) erreichen kann.

Der vielleicht kritischste Punkt für Besucher:innen der Veranstaltung ist die Unterkunft. Die findet man sicherlich nicht in Lucca, wo Wohnungen und Hotels oft schon im Jahr zuvor ausgebucht sind und die wenigen verbleibenden zu astronomischen Preisen angeboten werden, die das Ergebnis endloser Spekulation sind. Auch die umliegenden Städte können diese Preiserhöhungen erleben.

Wenn man Orte wählt, die mit dem Zug von Pisa aus oder entlang der Strecke Florenz–Lucca erreichbar sind, ist es vielleicht möglich, erschwinglichere Unterkünfte zu finden – allerdings muss man Zugfahrten einplanen, die insbesondere zu den Stoßzeiten (morgens ab 7 Uhr und abends ab 18 Uhr) besonders unbequem werden können, mit Wagen, die manchmal bis zum Äußersten gefüllt sind.