Tief in der Berliner Konzertkultur : Mit Jochen Distelmeyer vorm Tresor stehen und nicht reinkommen

Als vergangene Woche die Meldung vom Tod des Hamburger Labelbetreibers Alfred Hilsberg kam, war man natürlich traurig, und das noch ein bisschen mehr als bei anderen prominenten Toten. Denn die Labels, die Hilsberg betrieb, erst das „Zick-Zack“-Label in den achtziger, dann What´s so Funny About in den neunziger Jahren, die Bands, die dort veröffentlicht wurden, hatten für so manche verlorene junge Seele etwas Sinnstiftendes und sorgten für entscheidende musikalische Sozialisationen.

„Ich-Maschine“

Für “ZickZack“ war ich doch noch zu jung oder eben mit New Wave der anderen, britischen Art beschäftigt, aber bei „What´s so Funny About“ erschien Wegweisendes, angefangen mit dem Blumfeld-Album „Ich-Maschine“.

Und wie das so ist, beginnt man sich unwillkürlich zu erinnern an ein erstes Berliner Blumfeld-Konzert im Jojo-Club auf der Torstraße, war es 1990?, auf dem ein Typ von hinten immer schrie: „Mehr Gitarren“. Oder daran, wie wir mit den Musikern von Blumfeld dann noch weiterzogen, in den Tresor nicht hereinkamen, weil Jochen Distelmeyer vorn stand und vermutlich irgendetwas Komisches gesagt hatte, und schließlich im Sexton in Schönberg landeten, bis weit in den Morgen. Sehr nett der Schlagzeuger André Rattay und der Bassist Eike Bohlen, schon damals komisch und Diva und alles: Jochen Distelmeyer.

Blumfeld wurden natürlich in den Nachrufen immer genannt, um Hilsbergs Händchen für großes Neues auch in den neunziegr Jahren zu beschreiben. Doch gab es da so viel mehr, wie eine Auswahl beweist, die der bayrische „Zündfunk“ bei Spotify veröffentlicht hat: Gun Club! Die Erde! Nikki Sudden!

Und genau, in wie vielen Läden hat man den viel zu früh verstorbenen Nikki Sudden nicht alles um 89/90 herum gesehen: klassisch im XTC in der Hauptstraße oder im Loft, da war er kurz vor dem Sprung zu Größerem. Aber eben auch im Niagara in der Gneisenaustraße, in der Junction Bar, im Eimer, und irgendwann stand er einmal bei einer Mediziner-Abschlussfeier oben in der Bar des Excelsior-Hauses am Anhalter Bahnhof und drückte sich dort als Gast herum.