Sarah Bernsteins Roman „Übung in Gehorsam“: Leiden als Akt der Selbstbehauptung
Das Trauma ist seit einigen Jahren ein äußerst beliebtes Sujet in Kulturprodukten. Eine Figur hat Schlimmes erlebt, leidet deshalb unaufhörlich und findet nur durch Überwindung größter innerer wie äußerer Widerstände Erlösung.
Dieser Plot ist inzwischen in Filmen, Serien und Romanen so verbreitet, dass er ein eigenes Genre begründet: „Torture porn“ nennt man spöttisch solche Kulturprodukte, die zur Unterhaltung ihr Personal durch die Hölle schicken.
Die kanadische Schriftstellerin Sarah Bernstein schließt hier scheinbar mit ihrem für den Booker Prize nominierten Roman „Übung in Gehorsam“ an. Ihre namenlose Erzählerin wird seit jeher von ihrem Umfeld gedemütigt und ausgegrenzt. In der Familie steht sie ihren zahlreichen Geschwistern zu Diensten, in der Schule, im Studium und im Job wird sie entweder gemobbt oder missachtet.