Strittiges Votum : Hansestadt Bremen muss Gemälde nicht an George-Grosz-Erben zurückgeben

Die Beratende Kommission NS-Raubgut hat der Freien Hansestadt Bremen empfohlen, zwei Gemälde des Berliner Zeichners George Grosz nicht an die Erben zu restituieren. Es handelt sich dabei um die Bilder „Pompe Funèbre“ von 1928 und „Stillleben mit Fisch und Muschel“ (auch „Stillleben mit Okarina“) von 1931 aus der Kunsthalle Bremen.

Die Erben von George Grosz sind der Auffassung, dass beide Gemälde infolge eines NS-verfolgungsbedingten Entzugs abhandengekommen sind. Die Freie Hansestadt Bremen als Eigentümerin der Bilder argumentiert dagegen. George Grosz, einer der bekanntesten Künstler der Weimarer Republik und Mitglied der KPD, emigrierte 1933 von Berlin in die USA. Die benannten Bilder gab er zusammen mit anderen in Kommission an seinen damaligen Berliner Galeristen Alfred Flechtheim. Was bedeuten würde: Sie gehörten weiterhin Grosz. Über Flechtheim sollen die Bilder zunächst in Frankreich, dann in die Niederlande gelangt und dort unter Wert veräußert worden sein.

Die Freie Hansestadt Bremen hingegen ist der Auffassung, George Grosz habe spätestens 1934 das Gemälde „Pompe Funèbre“ aufgrund seiner hohen Schulden an Alfred Flechtheim übereignet. Es habe dem Künstler also nicht mehr gehört, als es in den Niederlanden veräußert worden war. Für „Stillleben Okarina, Fisch und Muschel“ gebe es keine Hinweise auf einen NS-verfolgungsbedingten Verlust zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945.

Die Beratende Kommission folgte der Argumentation der Hansestadt. Beweis für die Übereignung an Flechtheim sei aus Sicht der Beratenden Kommission ein Schreiben Flechtheims an Grosz vom 15. April 1934, in dem der Kunsthändler die ihm „als Sicherheit übereigneten“ Gemälde erwähnte. „Die Übereignung des Gemäldes stellt aus Sicht der Beratenden Kommission NS-Raubgut keinen NS-verfolgungsbedingten Entzug dar. Sie war nicht Folge der Verfolgung von Grosz, sondern die Reaktion auf die hohen Schulden, die Grosz bei Flechtheim schon vor dem 30. Januar 1933 hatte“, heißt es in einer öffentlichen Mitteilung der Beratenden Kommission. Aus Sicht der Beratenden Kommission fehlt es an der Kausalität zwischen der Verfolgung Grosz‘ und der Einlieferung zur Versteigerung und der anschließenden Auktion.

Die Eigentümerstellung wie auch der Verlust im Verfolgungszeitraum sei von den Anspruchstellenden zu belegen, so die Kommission. Der Anwalt der Grosz-Erben, Christoph Partsch, empfindet diese Beweislast als zu hoch. „So etwas kann nicht bewiesen werden“, sagt Partsch gegenüber dem Tagesspiegel.

Ralph Jentsch, der Nachlassverwalter George Grosz‘, der in Berlin das Kleine Georg Grosz Museum mitaufgebaut hat, hatte die Kunsthalle Bremen schon 2009 ersucht, die genannten Bilder an die Erben zu restituieren. Damals hieß es noch, die Bilder gehörten der Kunsthalle Bremen, die als e.V. nicht an die Washingtoner Prinzipien und damit an eine Rückgabeverpflichtung gebunden ist. Der Anwalt der Erben Flechtheim hat namens der Erben auf jeden Anspruch an den Bildern verzichtet. Erst später stellte sich heraus, dass die Grosz-Bilder der Freien Hansestadt Bremen gehören.