Ausstellung im Projektraum Die Möglichkeit einer Insel: Wenn das Gefühl der Unsicherheit hochschwappt

„Die Möglichkeit einer Insel“, das klingt nach einem großartigen Angebot in der steinernen Stadt. Und tatsächlich befindet sich der gleichnamige Projektraum auf der Fischerinsel und passenderweise in der Inselstraße. Doch damit enden die Fantasien auch schon abrupt. Der Ort ist ein Plattenbau, der als einer der letzten 1986 auf der Fischerinsel entstand; die Räume im Erdgeschoss wurden entkernt, sodass sich die blanken Betonwände zeigen, mit den Beschriftungen der Bauarbeiter noch darauf.

Oder es passiert umgekehrt: Die Vorstellungskraft entzündet sich gerade hier. Vor sechs Jahren gründete die Fotokünstlerin Stephanie Kloss, deren Atelier unweit liegt, hier einen Ausstellungsort von hoher Anziehungskraft. Alicja Kwade, Anselm Reyle, Lisa Junghanß, Gregor Hildebrandt und Thomas Scheibitz stellten erst kürzlich aus. Von Scheibitz stammt das strahlend grüne Signet draußen vor der Tür: eine Mischung aus Bora-Bora und Hessen, wie der Bildhauer die Silhouette beschreibt.

Aktuell ist eine Gemeinschaftsschau von Sabine Hornig und Tamuna Chabashvili unter dem Titel „Patterns of (In)Security zu sehen. Die beiden haben bereits 2022/23 zusammen in Tiflis ausgestellt, woher Chabashvili stammt. Der Titel ist ihrem Beitrag entlehnt, der sich mit den dekorativen Fassadenmustern beschäftigt, wie sie typisch für sowjetische Bauten in ihrer Heimat sind.

Die georgische Künstlerin überträgt die abstrahierten floralen Reihungen auf transparente Tücher und Leinwand. Die Tücher hängen sanft schaukelnd über kreuz- und quergespannten Seilen im Raum, die Leinwände als Gemälde klassisch auf Latten gespannt an der Wand. Mit den Fassadenmustern weht auch die Erinnerung herüber an jene Zeit, als Georgien noch zur Sowjetunion gehörte. Künstler, Intellektuelle, junge Menschen lehrt sie das Fürchten angesichts der zunehmenden Wiederannäherung durch ihre Regierung.

Wie fragil Demokratie sein kann, demonstriert auch Sabine Hornigs Beitrag: eine metallene Struktur in Form zweier vollkommen einsehbarer Wahlkabinen, die nur aus den Fugen einer unsichtbaren Backsteinmauer bestehen. Die Pultfläche zur Ablage des Wahlzettels, um sein Kreuzchen zu machen, ist ein Spiegel. Der vermeintliche Wähler begegnet sich darin selbst und beginnt sich zu fragen: Wer bin ich? Wo bin ich?

Dieses Gefühl wachsender Verunsicherung mag Lesern von Michel Houellebecqs Roman „Die Möglichkeit einer Insel“ bekannt vorkommen. Nicht von ungefähr wählte Stephanie Kloss, die den französischen Autor schätzt, den Buchtitel für ihren Ausstellungsort, der immer auch an die DDR erinnert.