Kontaktsportart Wasserball: „Es geht auch mal ruppiger zu – das gehört dazu“
Für Jennifer Glaser ist es eine Familienangelegenheit: Ihre Schwester und Cousine spielten Wasserball und ihr Vater nahm sogar mehrere Male an den Olympischen Spielen teil. Insofern war schnell klar, dass auch sie früh mit der Sportart anfangen würde. Zunächst an einer High-School in Kalifornien, wo sie viele Jahre mit ihrer Familie viele Jahre lebte, später dann in Los Angeles.
„Zwischendurch bin ich immer wieder nach Deutschland gekommen, um mit der Juniorennationalmannschaft und später der Frauennationalmannschaft zu trainieren“, sagt die gebürtige Essenerin.
Glaser ist es gewohnt, für ihre große Leidenschaft, den Sport, viel zu reisen. Heute lebt die 31-Jährige in Hamburg und pendelt regelmäßig nach Berlin, um mit ihrem Team, Spandau 04, zu trainieren und an nationalen und internationalen Wettbewerben teilzunehmen.
Spandau ist der erfolgreichste Bundesligist
In Deutschland sind Berlins Wasserballerinnen, die sich erst 2018 gründeten, eine echte Größe: Viermal holten sie bereits den Meistertitel und fünfmal den Pokal. Für Glaser war schon kurz nach der Gründung des Frauenteams klar, dass sie gern in Berlin spielen wollte. Zuvor hatte sie bei SV Nikar Heidelberg gespielt. „Ich wollte etwas Neues ausprobieren“, sagt sie rückblickend. „Der Trainingsaufwand und die Ernsthaftigkeit, mit der in Berlin Wasserball gespielt wird, sind in Deutschland einzigartig.“
Besonders gut gefällt Glaser, dass es sich um einen Teamsport handelt. „Es ist eine gute Kombination aus Sprint und Ausdauer. Wasserball ist taktisch interessant und obendrauf körperlich anstrengend.“ Dass es gerade Unterwasser auch mal heftiger zugehen kann und die Spielerinnen das Wasser nicht selten mit blauen Flecken verlassen, macht ihr wenig aus. „Man sollte nicht brutal werden. Aber es geht auch mal ruppiger zu – das gehört dazu. Ich finde gut, dass es eine Kontaktsportart ist.“
Für Glaser und ihre Mitspielerinnen von Spandau 04 ist es oftmals gar nicht so leicht, Sport und Alltag unter einen Hut zu bekommen. Die meisten machen eine Ausbildung, studieren oder arbeiten nebenher. So auch Glaser, die als Neuropsychologin tätig ist und häufig mit Sportlern und Sportlerinnen zu tun hat, die sich Kopfverletzungen zugezogen haben. „Es braucht mehr Bewusstsein für Kopfverletzungen und deren mögliche Folgen, vor allem im Sport“, weiß Glaser, die sich auch im Wasser schon zweimal eine Gehirnerschütterung zuzog.
Bei Turnieren passt ihre Mutter auf Sohn Henry auf
Die Tätigkeit als Psychologin hilft ihr auch, um bei Wettbewerben die Nerven zu behalten. „Ich sage immer zu den Mädels: Im Wasserball hat man 32 Minuten zu spielen. Wir dürfen uns nicht an Fehlern aufhalten, sondern müssen uns direkt auf die nächste Situation fokussieren.“ Gespielt wird beim Wasserball viermal acht Minuten. Nach dem zweiten Viertel gibt es eine kurze Pause.
Zuletzt trainierte Glaser allerdings weniger mit Spandau 04. Das lag daran, dass sie im vergangenen Juli Mutter wurde. Weil es sich um eine Kontaktsportart handelt, musste sie bereits zu Beginn der Schwangerschaft mit dem Sport aufhören.
Mittlerweile trainiert sie wieder regelmäßig, manchmal alleine in Hamburg und manchmal mit dem Team in Berlin. An den Bundesliga-Spielen nahm sie in dieser Saison nicht teil, dafür unterstützte sie das Team aber in der Donau-Liga und beim Europapokal. Zu den Turnieren begleitete ihre Mutter sie, um auf den Sohn Henry aufzupassen. „Dadurch konnte ich mich auf den Sport konzentrieren, das war richtig toll“, sagt Glaser.
Wasserball ist ein wichtiger Teil meines Lebens.
Jennifer Glaser
Sie findet es wichtig, ihrer Leidenschaft auch weiterhin nachzugehen: „In meiner Generation gibt es mehr Verständnis dafür, wie wichtig es ist, dass auch die Mutter Dinge für sich tut. Als Frauen müssen wir nicht alles aufopfern. Henry steht an erster Stelle, aber auch mir muss es gut gehen. Und Wasserball ist ein wichtiger Teil meines Lebens.“
In der kommenden Saison soll es für sie dann wieder richtig losgehen. Bis dahin wird sie ihrem Team von zu Hause die Daumen drücken, so auch bei den Spielen in der Donau Liga in dieser Woche, wo es für Spandau in Novi Sad (Serbien) gegen Teams aus ganz Europa geht.
Im vergangenen Jahr war für die Berlinerinnen in dem Wettbewerb nichts zu holen, doch dieses Mal sind sie noch ungeschlagen. Sollte das so bleiben und Spandau die Goldmedaille gewinnen, wäre das ein wichtiger Erfolg für den Verein. „Unser Team ist mehr zusammengewachsen und hat sich weiterentwickelt, auch durch hartes Training“, erklärt Glaser den Erfolg.
Für Spandau sind die internationalen Wettbewerbe besonders attraktiv, denn in der eigenen Liga gewinnen sie zumeist ohne große Schwierigkeit haushoch. In der kommenden Spielzeit möchte Glaser mit ihrem Team daher zum ersten Mal in das Final Four im Europapokal einziehen. „Das wäre ein echtes Highlight“, sagt sie. Am wichtigsten sei es aber für sie, die Freude am Sport beizubehalten – trotz aller Herausforderungen.