Bella Italia in der Berliner Columbiahalle: Crucchi Gang hellt dunkle Tage auf
Ein Abend im Winter mit der Crucchi Gang, das hört sich so schwerfällig an. Wird man dagegen zu „una Sera d‘Inverno con la Chrucchi Gang“ in der Columbiahalle geladen, bringt man gleich ganz andere Erwartungen an solch ein Konzert mit. Auf diese Weise an Italien zu denken in dieser tristen Jahreszeit, am Ende eines auch noch wahrlich düsteren Jahres, kann tatsächlich dabei helfen, das eigene Befinden ein wenig aufzuboostern.
Und genau das ist auch die Grundidee des Berliner Projekts Crucchi Gang: die ewig miesepetrigen Deutschen mit ihrer Liebe zu Italien abzuholen. Diese Liebe mag seit den Tagen von Silvio Berlusconi aus guten Gründen gelitten zu haben. Aber wenn man sich an laue Sommerabende an der Adriaküste, den guten Wein in dieser toskanischen Taverne, ewig schlitzohrige italienische Fußballer oder Adriano Celentano erinnert, dann weiß man, dass sie wohl nie ganz erlöschen wird.
Diese ewige Sehnsucht wird von dem in Berlin lebenden Singer-Songwriter Francesco Wilking, dem Kopf der Crucchi Gang, mit einem simplen, aber wirkungsvollen Trick bedient. Er lässt vornehmlich deutschsprachige Sänger und Sängerinnen aus dem Bereich des Indiepops eigene Songs auf Italienisch vortragen und bläst diese durch Bigband-Arrangements derart auf, dass sie so klingen, als wären sie gerade erst auf dem Sanremo-Festival vorgetragen worden, der traditionellen italienischen Version des Eurovision Song Contests.
Das klingt zugegebenermaßen zwar wahnsinnig ausgedacht, aber es funktioniert. Wenn etwa Tobias Bamborschke von der für ihre abgründigen Grübeleien bekannten Berliner Band Isolation Berlin deren Hit „Alles Grau“ als „Tutto Grigio“ vorträgt und dazu Streicher und Bläser eines dreizehnköpfigen Orchesters erklingen, beamt man sich weg aus dem tristen Berlin, hinein in ein warmes Italien, in dem der Espresso immer besser schmecken wird als selbst in der hipsten Berliner Barista-Bar. Und wenn Sven Regener von Element of Crime aus seinem „Weißes Blatt Papier“ ein „Carta Bianca“ macht, dann hat er wirklich etwas von einem Paolo Conte.
Um nicht in Klischees abzurutschen, hilft es natürlich, dass Wilking selbst Halbitaliener ist. Er hat für die zwei Platten, die es inzwischen von der Crucchi Gang gibt, Songs von Clueso bis Tocotronic ins Italienische übersetzt und dazu die Arrangements geschrieben. Auch beim Konzert in der Columbiahalle wechselt er bei seinen Ansagen dauernd vom Italienischen ins Deutsche und sorgt allein durch seine Persönlichkeit dafür, dass der Abend die nötige Grandezza hat.
Er gestaltet den Abend wie eine Revue. Viele Songs trägt er selbst vor, darunter Klassiker wie „Rimini“ von Fabrizio de André, den er als eines der schönsten Lieder präsentiert, das er überhaupt kenne. In seinen Interpretationen sind das ergreifende Hommagen an die italienische Songwriter-Kunst. Wenn er dann Moritz Krämer für zwei Lieder auf die Bühne bittet, mit dem er zusammen in der Band Die Höchste Eisenbahn spielt, läuft das nicht ganz so geschliffen, hat aber einen eigenen Charme.
Krämer sagt, er sei einfach nicht so vertraut mit der „Fantasiesprache“ Italienisch, deswegen brauche er eben einen Spickzettel für seinen Text. Wenn man als Zuschauer nun selbst von dieser Fantasiesprache nicht viel mehr beherrscht als „Grazie“, hört sich dieses Teutonenitalienisch aber gut genug an.