Die Berliner verlieren 0:3 bei Eintracht Frankfurt: Der Hertha-Weg wird richtig steinig
Jürgen Wegmann war in den Achtzigerjahren ein durchaus erfolgreicher Stürmer in der Fußball-Bundesliga. Mindestens so sehr wie durch seine Tore ist er aber durch einen Spruch in Erinnerung geblieben, der zum Zitatenschatz des deutschen Fußballs gehört: „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“
Wegmann ist dafür oft verlacht worden, dabei besitzt der Satz eine geradezu philosophische Qualität, mit noch dazu starkem Bezug zur Praxis. Ein weiterer Beweis dafür ist am Samstagnachmittag im Auswärtsspiel von Hertha BSC bei Eintracht Frankfurt erbracht worden. Nach genau 20 Minuten hofften die Berliner zunächst vergeblich auf einen Handelfmeter (kein Glück) – und kassierten dann im Gegenzug einen harten Foulelfmeter gegen sich (Pech).
In jener Sequenz entwickelte sich das zuvor noch etwas unentschlossene Spiel für Hertha BSC endgültig in die befürchtete Richtung. Bis dahin waren die Frankfurter zwar das eindeutig bessere Team gewesen, doch gefährlich nahe kamen sie dem Berliner Tor nicht. Das änderte sich, nachdem Schiedsrichter Robert Hartmann nach einem Laufduell zwischen Randal Kolo Muani und Herthas Innenverteidiger Filip Uremovic auf Elfmeter für die Eintracht entschieden hatte. Eine harte Entscheidung.
Kolo Muani verwandelte sicher zum 1:0, nicht mal sieben Minuten später ließ der Franzose seinen neunten Saisontreffer folgen – am Ende hieß es durch ein spätes Tor von Aurelio Buta sogar 3:0 (2:0) für die Eintracht.
Der Einstand des neuen Sportdirektors Benjamin Weber, der am vergangenen Wochenende zum Nachfolger von Fredi Bobic befördert worden war, fiel damit denkbar frustrierend aus. „Wir waren irgendwie nicht bereit, nicht wach genug“, sagte Offensivspieler Marco Richter. „Wir müssen langsam aufwachen und punkten.“
Der Hertha-Weg, den Präsident Kay Bernstein bei Webers Anstellung ausgerufen hat, ist noch ein bisschen steiniger geworden. Vier Spiele sind im Jahr 2023 gespielt, alle vier gingen verloren. Und durch den deutlichen Heimsieg des VfL Bochum gegen die TSG Hoffenheim ist Herthas Rückstand auf Platz 15 von zwei auf fünf Punkte angewachsen.
Schwarz musste früh reagieren
Die Berliner waren den Frankfurtern in der ersten Hälfte deutlich unterlegen – vor allem im Mittelfeld. Die Eintracht um den überragenden Djibril Sow hatte dort die eindeutige Hoheit. „Wenn du mit 0:2 in die Halbzeit gehst, wird es sehr, sehr schwer“, sagte Florian Niederlechner nach seinem Startelfdebüt für Hertha BSC.
Sandro Schwarz, der Trainer der Berliner, appellierte in der Pause an die Ehre der Spieler – und nahm umfangreiche Änderungen vor. Zur zweiten Hälfte brachte er nicht nur drei Neue – Jessic Ngankam, Maximilian Mittelstädt und Neuzugang Tolga Cigerci (für Dodi Lukebakio, Jean-Paul Boetius und Jonjoe Kenny) –, er stellte auch sein System um.
Wir müssen langsam aufwachen und punkten.
Marco Richter, Offensivspieler von Hertha BSC
Fortan spielten die Berliner im 3-5-2 mit Marvin Plattenhardt als linkem Innenverteidiger. Tatsächlich sahen Herthas Versuche nun deutlich besser, strukturierter und auch zwingender aus. Nach etwas mehr als einer Stunde hatten die Gäste eine exzellente Chance auf den Anschlusstreffer. Lucas Tousart brachte den Ball in die Mitte zu Ngankam, dessen Schuss aber wehrte Frankfurts Verteidiger Tuta mit dem Kopf auf der Torlinie ab.
Dass Hertha in der zweiten Hälfte deutlich besser aussah als in der ersten, nun wesentlich stabiler wirkte, lag auch an Tolga Cigerci. Der Mittelfeldspieler war erst Anfang der Woche von Ankaragücü nach Berlin zurückgekehrt, und viele hatten vermutet, dass er gleich in der Startelf stehen würde. Schwarz entschied sich anders, bot mit Florian Niederlechner (für den verletzten Wilfried Kanga) nur einen der beiden Verpflichtungen des Winters von Anfang an auf.
Cigerci brachte eine gewisse Ruhe ins Spiel von Hertha BSC – das konnte man von den anderen Mittelfeldspielern der Berliner nicht unbedingt behaupten. Trotz der Leistungssteigerung nach der Pause war Hertha nicht in der Liga, den Erfolg der Frankfurter noch ernsthaft in Gefahr zu bringen.
Aber bei den Berlinern müssen sie sich in der aktuellen Situation eben schon an den kleinen Dingen erfreuen: Anders als zuletzt gegen den VfL Wolfsburg erlebten sie nach der schwachen ersten Hälfte zumindest kein komplettes Debakel. Der Treffer zum 0:3 in der vierten Minute der Nachspielzeit relativierte das allerdings schon wieder ein bisschen. „Das Wichtigste ist, dass man positiv bleibt“, sagte Florian Niederlechner, „auch wenn es schwerfällt.“ (Tsp)
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