Abstiegskampf in der Bundesliga: Wer hat die größten Chancen auf den Klassenerhalt?
Der Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga ist so spannend wie schon lange nicht mehr. Theoretisch könnte es noch sechs Mannschaften erwischen. Und auch wenn Hertha BSC mit sechs Punkten Rückstand auf den Relegationsrang abgeschlagen zu sein scheint, glaubt nicht nur Trainer Pal Dardai, dass sein Team noch die Klasse halten kann. Die Konkurrenten haben natürlich entschieden etwas dagegen und gute Argumente auf ihrer Seite. Drei Einschätzungen in unserer Kolumne „3 auf 1“. (Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.)
Seit Pal Dardai wieder da ist, spielt die Leidenschaft mit. Das riecht nach Klassenerhalt
Claus Vetter ist Sportchef beim Tagesspiegel und verfolgt Hertha BSC schon seit den Siebziger Jahren. Er sagt: Mit Trainer Pal Dardai haben die Berliner die allerbesten Chancen und starten jetzt ihre Siegesserie.
Hertha löst die Versprechen auf den großen Wurf nie ein, in dieser Saison wurde mehr versprochen als der Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga. Und nun? Spielt Berlins größte Fußballnummer wieder die Dramaqueen, die Fans zittern bis zum Schluss, am Sonnabend heißt der Strohhalm Stuttgart. Aber das Schöne ist: Es wird gut ausgehen, Hertha wird sich am Ende wie in der Vorsaison über die Relegation retten, absteigen werden die Berliner nicht.
Herthas Siegesserie zum Saisonende wird am Sonnabend beginnen gegen eine Stuttgarter Mannschaft, die nach dem 2:3 im Pokalhalbfinale gegen Eintracht Frankfurt angeschlagen ist. Beim VfB wissen sie nun, dass sie auch unter dem neuen Trainer Sebastian Hoeneß verlieren können.
Und bei Hertha wissen sie, dass sie mit einem Trainer Pal Dardai nicht absteigen können. Da ist viel Leidenschaft im Spiel, das riecht nach Klassenerhalt! Jetzt hat Dardai vier Siege in Serie versprochen. Der Ungar war übrigens dabei, als die Hertha ihre letzte Serie mit vier Spielen in Serie gelang, vor kurzem im Jahr 2008. Da stand er noch auf dem Platz, er wird seinen Spielern bestimmt davon erzählt haben, motivieren kann er ja.
Die größte Stärke Bochums ist die Schwäche der anderen
Katrin Schulze leitet das überregionale Textteam beim Tagesspiegel und war zuvor Ressortleiterin Sport. Sie sagt: Der VfL Bochum profitiert von der Schwäche der anderen, dem leichtesten Restprogramm und einem Spiel mit Herz.
Keiner Mannschaft war vor der Saison so wenig zugetraut worden wie dem VfL Bochum. Kleinster Etat der Liga, kaum große Verstärkungen, zu starke Konkurrenz. Und jetzt? Jetzt haben die Bochumer ziemlich gute Chancen, sich erneut auf wundersame Weise in der Bundesliga zu halten.
Wahrscheinlich profitieren sie genau davon: dass sie permanent unterschätzt werden und im Prinzip nur überraschen können. Zuletzt gelang das sogar gegen Borussia Dortmund. So wenig Mittel das Team zur Verfügung hat, so erstklassig kämpft es um den Klassenerhalt. Während der VfL so selbst immer mal wieder auch die kleinsten Chancen genutzt hat, ließen die Mitkandidaten Punkte um Punkte liegen.
Die wahrscheinlich größte Stärke Bochums in dieser Saison ist deshalb in Wahrheit die Schwäche der anderen. Zum Ende der Saison ist es somit mehr als verdient, wenn sich die Mannschaft retten und vom leichtesten Restprogramm im Vergleich etwa zu Stuttgart oder Schalke profitieren kann. Denn Bochum ist der Beweis für ein längst überholt geglaubtes Konzept: Fußball lebt vom Herz.
Stefan Hermanns ist Redakteur in der Tagesspiegel-Sportredaktion und beobachtet die Bundesliga seit Kindheitstagen. Er sagt: Auch nach dem Pokal-Aus des VfB Stuttgart stehen die Aussichten für das Saisonfinale in der Liga bestens.
Wenn es nach Pal Dardai geht, muss der VfB Stuttgart dran glauben. „Vier Spiele, vier Siege“, das hat der Trainer von Hertha BSC als Motto für das Saisonfinale ausgerufen. Zum ersten dieser vier Spiele empfängt sein Team an diesem Samstag den VfB. Dass Hertha angreifen muss, könnte den Stuttgartern aber entgegenkommen.
Sie verfügen über schnelle Konterstürmer, die einer Mannschaft wie Hertha richtig weh tun können. Und auch sonst wirkte der VfB zuletzt ganz gut sortiert. Das liegt nicht zuletzt an Sebastian Hoeneß, dem neuen Trainer der Stuttgarter. Ihrem vierten in dieser Saison! Unter Hoeneß ist der VfB in der Liga nach vier Spielen noch ungeschlagen. Vor einer Woche hievte sich das Team sogar erstmals wieder aus der Abstiegszone.
Alles gut also – wäre da nicht das Aus im Halbfinale des DFB-Pokals gewesen. Aber auch aus diesem Auftritt haben die Stuttgarter Zuversicht gesogen, weil sie selbst nach dem 3:1 von Eintracht Frankfurt nicht aufsteckten. Das Pokalfinale in Berlin hat der VfB verpasst. Fürs Saisonfinale in der Liga stehen die Aussichten hingegen bestens.