Multitalent, Sängerin, Komponistin: Meredith Monk wird 80
„Die menschliche Stimme ist das erste Instrument. Sie ist die direkte Verbindung zu den tiefsten Energien und Gefühlen, für die wir keine Worte haben.” Das sagt Meredith Monk in einem Interview über das Erwachen der unzähligen Potentiale ihrer Stimme. 1966 war das, während sie an ihrem Performance-Werk „16mm Earrings” arbeitete.
Die Solo-Performance, die ihr zum Durchbruch verhalf, verband nahtlos Bewegung, Film, Objekte, Raum, Sound, Text, Instrumentalmusik zu einer Einheit, ließ multiple Wahrnehmungsmodi miteinander verschmelzen. Im Zentrum des Ganzen: ihre Stimme. „Ich erkannte, dass sie selber das Instrument sein konnte. Ich konnte sie springen, sie drehen, sie fallen lassen. In ihr waren ganz unterschiedliche Persönlichkeiten verborgen, verschiedene Alter und Landschaften.”
Unglaubliche Leichtigkeit
In den 1970ern schuf die New Yorkerin gemeinsam mit ihren künstlerischen Ensembles groß angelegte Arbeite wie die multimediale Oper „Quarry”, die 1976 uraufgeführt und 1978 auf Film gebannt wurde. Darin setzt sich Monk, die selber jüdische Wurzeln hat, mit dem zweiten Weltkrieg und dem Faschismus auseinander, erkundete choreografisch deren Wirkmacht und Symbolik.
Auch wenn Monk, die an diesem Sonntag 80 Jahre alt wird, ihr Schaffen interdisziplinär begriff, als allererstes sah sie sich stets als Komponistin und Sängerin. Für das Münchner Jazzlabel ECM, das sie seit mehr als 40 Jahren begleitet (und das zu ihrem diesjährigen Geburtstag ein Set mit 13 CDs herausbringt) nahm sie bahnbrechende Alben wie „Dolmen Music” und „Turtle Dreams” auf. Als „Extended Techniques” würde man heute die akrobatisch anmutenden Vokalsaltos und die sich kontinuierlich hin und her bewegenden Laute bezeichnen, die Monk ihrer Kehle mit einer unglaublichen Leichtigkeit entlockt.
Text spielt dabei eine untergeordnete Rolle, nur selten kommen die Laute zu erkennbaren Wörtern zusammen. Vordergründig ist viel mehr das Expressive und Soundhafte an ihnen. Eingerahmt werden ihre stimmlichen Erkundungen auf dieser Aufnahme von Instrumentalstücken. Die sind von Repetition und Statik geprägt, haben nicht selten einen drohnenhaften Charakter. Björk beschrieb das Hören von „Dolmen Music” als transformatives Erlebnis und coverte eines der Stücke darauf bei ihren Konzerten.
Auch Brian Eno und David Byrne sind bekennende Fans – letzterer verewigte ihre Musik in dem Film „True Stories”. Daneben wirkte Monk unter anderem am Soundtrack zu „The Big Lebowski” von den Coen Brothers oder Jean-Luc Godards „Nouvelle Vague” mit. 2015 erhielt sie die „National Medal of Art” von dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama verliehen.
In ihrem kollaborativen Schaffen, das steht die ursprüngliche Einheit der künstlerischen Ausdrucksformen als Ausgangspunkt begriff, war Monk ihrer Zeit ein gutes Stück voraus. Heute, wo Interdisziplinarität auf Theaterprogrammen und Förderanträgen längst zum guten Ton gehört, scheinen ihre Arbeiten wegweisend und zeitlos zugleich.
Zur Startseite