Plattenhardt schießt Hertha BSC per Kunstschuss zum Klassenerhalt

Felix Magath ließ die Sache ganz entspannt angehen. Etwa eine Stunde vor dem Anpfiff des Relegationsrückspiels nahm sich der Trainer von Hertha BSC Zeit für einen ausgiebigen Plausch neben der Ersatzbank mit seinem früheren Teamkollegen Horst Hrubesch. Beide hatten zusammen zahlreichen Titel mit dem Hamburger SV gewonnen.

Während des Spiels stand Magath, der beim Hinspiel meist gesessen hatte, die ganze Zeit am Rande seiner Coachingzone, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Nach dem Abpfiff durfte Magath sich freuen: Hertha gewann 2:0 (1:0) beim HSV, drehte das 0:1 aus dem ersten Spiel, und bleibt Fußball-Bundesligist. Die Klassenerhaltsmission des 68-Jährigen fand damit doch noch ein gelungenes Ende.

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Der Trainer ließ diesmal deutlich offensiver agieren, neben Ishak Belfodil spielte auch Stevan Jovetic. Außerdem waren im Vergleich zum Hinspiel Santiago Ascacibar und Kevin-Prince Boateng von Beginn an dabei. Zwei Spieler, die Mentalität reinbringen sollten. In der Tat agierten die Gäste von der ersten Sekunde an völlig anders als vor vier Tagen. Sie attackierten in diesem Endspiel um die Bundesligazugehörigkeit früh, ließen den Hamburgern keinen Raum.

Das zahlte sich im Volksparkstadion, in dem schon lange vor dem Anpfiff eine elektrisierende Atmosphäre geherrscht hatte, rasch aus: Erste Ecke des Spiels durch Marvin Plattenhardt, in der Mitte waren gleich mehrere Berliner in der Nähe des Balles, Kapitän Dedryck Boayta köpfte ihn zur Führung ein. Nach nicht einmal vier Minuten war der 0:1-Nachteil aus Spiel eins ausgeglichen – und auf den Rängen war es zumindest für kurze Zeit etwas ruhiger. Abgesehen natürlich von dem Teil, in dem sich die etwa 6000 Gästefans befanden.

Wie der Großteil der 55.000 Zuschauer mussten sich auch die Hamburger Spieler sammeln. Sie brauchten dafür etwas länger, was auch an der Wucht gelegen haben dürfte, mit der Hertha diese entscheidende Partie weiterhin anging. Hamburg bekam das Geschehen zwar mit zunehmender Dauer etwas aus der eigenen Hälfte verlagert, eine echte Torchance gab es aber bis zur Pause nicht.

Zur Pause 10:1 Torschüsse für Hertha BSC

Weitere Gelegenheiten hatte dafür Hertha: Bei einem Schuss von Lucas Tousart, den Torwart Daniel Heuer Fernandes parierte und noch einmal Tousart, der ein Anspiel von Belfodil im Strafraum nicht richtig erwischte. Zur Pause stand es nach Torschüssen 10:1 für Magaths Team, das hochverdient führte.

Bezeichnend für die Intensität in diesem Alles-oder-nichts-Spiel war eine Szene kurz vor der Halbzeit. Schiedsrichter Deniz Aytekin hatte wegen eines Fouls im Mittelfeld unterbrochen, doch nicht alle auf dem Rasen hatten es mitbekommen. Daher wurde noch ein paar Sekunden verbissen um den Ball gekämpft.

Hatte Hertha vor allem zu Beginn klar dominiert, war es nach Wiederanpfiff der HSV, der Druck machte. Torwart Oliver Christensen war jedoch bei den Schüssen von Ludovit Reis und Moritz Heyer da. Die Berliner taten sich nun im Spiel nach vorn schwerer, hatten aber wieder eine Standardsituation.

Magath lässt Startelf lange auf dem Feld

Die waren in letzter Zeit häufig gefährlich, so auch diesmal: Plattenhardt schoss aus halbrechter Position, der Ball senkte sich über Torwart Heuer Fernandes ins Netz – 2:0 in der 63. Minute, erstmals seit Beginn der Relegation führte Hertha in der Gesamtaddition. Magath jubelte an der Seite ganz kurz gemeinsam mit Offensivtrainer Vedad Ibisevic.

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Beim Tor hatte Marc Kempf unabsichtlich den Arm von Heuer Fernandes ins Gesicht bekommen. Der Verteidiger blutete aus der Nase und wurde behandelt, konnte aber weiterspielen. Die Gastgeber mussten nun öffnen, daraus ergaben sich Kontergelegenheiten. Bei einer tauchte Jovetic allein vor Heuer Fernandes auf, scheiterte aber mit seinem Schuss an dessen rechten Schulter. In der 80. Minute reckte Suat Serdar kurz die Faust gen Himmel. Nicht wegen eines Tores, sondern weil er einen gefährlichen Schuss von Josha Vagnoman geblockt hatte.

Magath ließ seine Startelf lange auf dem Feld, nahm erst in den Schlussminuten Wechsel vor. Plattenhardt ging ebenso runter wie Belfodil, dafür kamen Fredrik-André Björkan und Myziane Maolida. Auch Niklas Stark wurde in seinem letzten Spiel für Hertha eingewechselt. Der HSV kam auch in der sechsminütigen Nachspielzeit zu keiner gefährlichen Aktion mehr.

Um 22.24 Uhr pfiff Schiedsrichter Aytekin ab und es stand fest: Hertha spielt auch 2022/23 in der Bundesliga. „Das ist wie eine Meisterschaft“, jubelte Kevin Prince Boateng.