Hertha BSC vor dem Derby gegen den 1. FC Union: Die Hoffnung heißt Florian Niederlechner

Hertha BSC hatte am Dienstag hohen Besuch. Joshua Wander, Chef des US-amerikanischen Private-Equity-Unternehmens 777 Partners und damit der designierte neue Anteilseigner des Berliner Fußball-Bundesligisten, saß bei Herthas 0:5-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg auf der Ehrentribüne, stilecht mit blau-weißem Schal um den Hals. „Schön, dass sie da waren“, sagte Sportgeschäftsführer Fredi Bobic über den Besuch einer größeren Delegation aus Florida.

Allzu lange soll es nun nicht mehr dauern, bis die Formalitäten geklärt sind und 777 Partners die Anteile des bisherigen Investors Lars Windhorst an Hertha übernimmt. Mit dem erfolgreichen Abschluss des Deals ist auf Vereinsseite die Hoffnung verbunden, dass das Unternehmen weiteres Geld bereitstellt.

Hertha kann es gut brauchen, eigentlich schon für die aktuelle Transferperiode, die am kommenden Dienstag endet. Doch zumindest daraus wird wohl nichts.

Sportchef Bobic jedenfalls musste auf eine Nachfrage zu möglichen Neuverpflichtungen auch am Donnerstag wieder das antworten, was er zuletzt gefühlt schon hundert Mal geantwortet hat: Es ist kein Geld da. Und kein Geld heißt: keine neuen Spieler.

„Du gehst ja auch nicht zum Bäcker, hast nichts in der Tasche und holst dir ‘ne Brezel. Die kriegst du wahrscheinlich auch nicht geschenkt“, sagte er. „Ihr müsst schon auch die Realitäten sehen.“

Das Problem ist: Die Realität hat sich für Hertha in den vergangenen Tagen deutlich verschärft. Durch die beiden Niederlagen zum Jahresauftakt ist die Mannschaft auf einen Abstiegsplatz zurückgefallen.

Dazu hat die dürftige Performance sowohl gegen Bochum als auch gegen Wolfsburg grundsätzliche Zweifel an der Tauglichkeit des Kaders für den Abstiegskampf genährt. Insofern klang Bobic beim Thema Transfers nicht mehr ganz so kategorisch wie noch während des Trainingslagers in Florida.

Da müssen wir noch ein bisschen zaubern.

Geschäftsführer Fredi Bobic zu möglichen Transfers trotz leerer Kassen

Dass er sich etwas anderes wünscht, als ihm die Budgetplanung vorgibt, darf ohnehin als gesichert gelten. Axel Kruse, ein früherer Mitspieler und guter Freund Bobics, hat im RBB-Podcast „Hauptstadtderby“ vehement neue Spieler gefordert. In der Situation, in der sich Hertha befinde, „muss ich mal ein gewisses Risiko eingehen“, sagte er. Zumal ein Abstieg den Klub auf jeden Fall teurer zu stehen komme.

„Wir überlegen uns natürlich auch bis zum letzten Tag der Transferperiode, ob irgendwas noch möglich ist. Da müssen wir noch ein bisschen zaubern“, sagt Bobic. Aber auch wenn noch ein Spieler komme: „Es wird nicht der Messias sein. Das ist sicher. Aktionismus wird gar nichts helfen in unserer Situation.“

Niederlechner ist flexibel einsetzbar

Aktuell ist es nicht besonders schwer, bei Hertha in die Rolle des Heilsbringers oder vermeintlichen Heilsbringers zu geraten. Florian Niederlechner hat das weitgehend ohne eigenes Zutun geschafft. Vorige Woche hat Hertha den Transfer des 32 Jahre alten Offensivspielers um ein halbes Jahr vom Sommer auf den Winter vorgezogen.

Nachdem Niederlechner wegen einer Oberschenkelverletzung in den ersten beiden Spielen noch nicht zur Verfügung gestanden hat, könnte er nun ausgerechnet im Derby gegen den 1. FC Union (Olympiastadion, Samstag, 15.30 Uhr) sein Debüt für Hertha BSC feiern.

„Wir können davon ausgehen, dass er mit Sicherheit im Kader sein wird“, sagte Trainer Sandro Schwarz. Selbst ein Einsatz von Anfang an ist nicht auszuschließen, hängt aber auch davon ab, für welche taktische Herangehensweise Schwarz sich entscheidet: Bleibt es beim 4-2-3-1 respektive 4-3-3? Oder stellt er auf ein 4-4-2 mit zwei Stürmern um, dann mit Niederlechner an der Seite des zuletzt weitgehend unsichtbaren Wilfried Kanga?

Spezialist für den 1. FC Union. Gegen die Köpenicker hat Niederlechner schon fünf Tore erzielt.
Spezialist für den 1. FC Union. Gegen die Köpenicker hat Niederlechner schon fünf Tore erzielt.
© IMAGO/Nordphoto

„Er ist sehr flexibel einsetzbar“, sagt Herthas Trainer über den Neuzugang vom FC Augsburg. Niederlechner könne als hängende Spitze spielen, im 4-3-3 aber auch auf einer der beiden Außenpositionen oder als alleiniger Stürmer. „Gerade was das Anlaufverhalten betrifft, ist er sehr gut“, findet Schwarz.

Am Mittwochvormittag, im Spielersatztraining der Reservisten nach der Niederlage gegen Wolfsburg, stand Niederlechner erstmals gemeinsam mit seinen Kollegen auf dem Platz. Beim „Acht gegen acht“ erzielte er vier der fünf Tore seiner Mannschaft, zudem traf er zweimal den Pfosten. „Er hat in seiner ersten Trainingseinheit einen sehr guten Eindruck hinterlassen“, sagt Schwarz.

Sportchef Bobic setzt nicht nur auf die fußballerischen Fähigkeiten Niederlechners, sondern auch auf seine Mentalität. „Er ist einer, der immer Vollgas gibt“, sagt er. „Genau solche Typen brauchen wir.“ Echte Derbytypen sozusagen.

Auf Union steht Niederlechner sowieso. Fünf Tore sind ihm in seiner Karriere gegen Herthas Lokalrivalen gelungen. Selbst in dieser Saison hat er bereits gegen Union getroffen, beim 2:2 des FC Augsburg an der Alten Försterei. Florian Niederlechner erzielte beide Tore für den FCA.

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