Timo Baumgartl arbeitet an seinem Comeback für den 1. FC Union
Es ist fast auf den Tag genau drei Monate her, dass Timo Baumgartl seine Diagnose, dass bei ihm ein Hodentumor entdeckt wurde, bekannt gemacht hatte. Der Fußballprofi vom 1. FC Union, der zu diesem Zeitpunkt bereits operiert worden war, ging von Beginn an extrem offen mit seiner Erkrankung um. Er machte teilweise sogar Scherze oder dokumentierte das Abrasieren seiner Haare auf Instagram.
Der 26-Jährige ließ am Mittwoch neben dem ganzen Humor aber auch immer wieder durchblicken, dass es genauso schwere Zeiten gab und noch immer gibt. „Man macht sich natürlich Gedanken, wenn man die Diagnose bekommt. Krebs ist ein hartes Wort, das assoziiert man natürlich auch mit Sterblichkeit und hat dann auch düstere Gedanken“, erzählt Baumgartl. darf
„Es ist schon schwer am Anfang, das zu akzeptieren, aber ich glaube einfach, dass man da positiv sein sollte. Damit umzugehen, ist nicht immer einfach, aber ich habe versucht, es mit Humor zu machen, das passt auch am besten zu meinem Naturell und dadurch konnte ich auch viel lachen mit meinen Freunden und meiner Familie.“
Baumgartl sagt, er habe sich als Fußballer in einer Vorbildfunktion gesehen und habe darauf aufmerksam machen wollen, dass so eine Krankheit vor allem junge Menschen treffe, die das „gar nicht so auf dem Schirm haben“. Für seine schnelle Genesung sei es entscheidend gewesen, dass der Krebs in einem frühen Stadium festgestellt worden sei.
Bei PSV Eindhoven wurden Vorsorgeuntersuchungen angeboten
Aktuell ist Baumgartl ausgeliehen von der PSV Eindhoven, wo Vorsorgeuntersuchungen angeboten wurden, was letztendlich sein Glück gewesen sei, da er seitdem regelmäßig welche habe machen lassen. „Frauen gehen mit 14 nach der Periode das erste Mal zur Vorsorgeuntersuchung. Da können wir uns vielleicht ein bisschen ein Vorbild nehmen, das man das auch machen kann. Ich hoffe, dass sich da insgesamt etwas ändert“, sagt der 26-Jährige.
„Man muss sich natürlich auch nicht verstecken mit so einer Diagnose. Mir haben viele Menschen geschrieben, dass sie sich schämen, darüber zu reden.“ Baumgartl will daher umso mehr dazu ermutigen, offen mit der Diagnose umzugehen und so anderen Menschen, die in derselben Situation sind, Hoffnung und Mut zu geben.
„Bei uns in der Gesellschaft ist Krankheit immer ein wenig assoziiert mit Schwäche, dem wollte ich bewusst entgegen treten. Das habe ich auch mit meinen Haaren gezeigt, indem ich sie abrasiert habe“, so Baumgartl. „Es ist egal wie du aussiehst, sei stolz drauf.“ Baumgartl erzählt, dass er durchweg positive Resonanz erhalten habe und ihm teilweise Onkologen geschrieben haben, dass ihnen nach seinem Gang an die Öffentlichkeit die „Bude eingerannt worden sei“.
Auch Kinder und deren Eltern hätten ihm geschrieben, dass er ein Vorbild sei und sein Umgang mit dem Thema ihnen weitergeholfen habe. In seinem Freundeskreis hätten nun auch alle eine Vorsorgeuntersuchung gemacht: „Ich habe mir immer gesagt, wenn bei einem von denen, die durch mich zur Vorsorgeuntersuchung gehen, der Tumor frühzeitig erkannt wird und ich ihm helfen kann, bin ich stolz und glücklich und deshalb gehe ich damit offensiv um.“
Baumgartl ist im Austausch mit Richter und Haller
Vor einer Woche kehrte Baumgartl nach seiner finalen Abschlussuntersuchung wieder auf den Platz zurück. „Nach der Untersuchung habe ich grünes Licht bekommen, dass ich in die Nachsorge übergehe.“ Seitdem kann der gebürtige Böblinger wieder ganz normal seinem Beruf nachgehen und Fußball spielen, ganz ohne Einschränkungen.
Er absolviert aktuell ein Rehaprogramm, immer in der Nähe zu seinen Kollegen mit dem stetigen Wunsch, bald wieder komplett am Mannschaftstraining teilnehmen zu können. „Wir machen uns da keinen Druck, aber natürlich bin ich ehrgeizig, das wissen die Jungs dahinten auch. Deshalb müssen die mich ein wenig bremsen, aber das gehört zum Leistungssport auch dazu.“
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Der Wunsch, so schnell wie möglich wieder in der Bundesliga spielen zu können, habe ihn vor allem während seiner drei Aufenthalte im Krankenhaus ermutigt und motiviert, voranzukommen. Abwechselnd sei Baumgartl sechs Tage im Krankenhaus gewesen und dann wieder 16 Tage zuhause. Die Situation in der Berliner Charité, wo ihm viele schlimme Schicksale begegnet sind, habe ihn sehr belastet, sodass er sich zusätzlich noch Hilfe neben der Unterstützung seiner Freunde und Familie geholt habe: „Natürlich begibt man sich da in psychologische Betreuung, das ist normal, dass man das macht. Das alleine zu verarbeiten ist schwer.“
Es sei ein überwältigendes Gefühl gewesen, wieder auf den Fußballplatz zu stehen. Das Gleiche wünscht er auch Sébastien Haller und Marco Richter, bei denen vor Kurzem ebenfalls ein Hodentumor festgestellt wurde. Er sei mit beiden in Kontakt und versuche gerade, vor allem Haller Tipps zu geben. „Er fragt mich auch einige Sachen und ich versuche ihm da einfach ein bisschen zu helfen, weil mir das auch gut getan hat.“ Gleichzeitig freue er sich umso mehr auf ein Wiedersehen mit Haller auf dem Platz: „Ich glaube das wird dann ein emotionales Wiedersehen.“