Aaron Rodgers kritisiert „Ausschlusskultur“ für Andersdenkende
Aaron Rodgers ist ein Genie auf dem Football-Feld. Wenn der Quarterback den Ball durch die Luft schleudert, steckt darin so viel Kraft und Präzision wie bei kaum einem anderen Spielmacher in der National Football League (NFL). Seit mehr als einem Jahrzehnt ist Rodgers inzwischen der Superstar der Green Bay Packers, 2011 gewann er mit dem Team aus dem US-Bundesstaat Wisconsin den Super Bowl. In der vergangenen Saison wurde er zum insgesamt dritten Mal als wertvollster Spieler der Liga ausgezeichnet.
An seiner sportlichen Ausnahmestellung gibt es keine Zweifel, das zeigte auch das Spitzenspiel am Sonntagabend von Green Bay in Kansas City. Es endete mit einem 13:7-Erfolg der Chiefs. Experten sind sich einig, dass das vor allem daran lag, dass Rodgers den Packers fehlte – erstmals seit 2017 verpasste der 37 Jahre alte Routinier wieder eine Partie in der NFL. Der Grund für seinen Ausfall hat in den vergangenen Tagen zu großen Debatten in den USA geführt, denn Rodgers hat sich mit Covid-19 infiziert – geimpft war der Superstar nicht.
Nun gibt es in der NFL keine Impfpflicht, und Rodgers ist beileibe nicht der einzige Spieler, der auf eine Impfung verzichtet hat. Öffentlich hatte sich noch im September von den 32 Stamm-Quarterbacks nur rund ein Drittel dazu bekannt, geimpft zu sein. Der Fall Aaron Rodgers ist allerdings ein ganz spezieller, denn noch im August antwortete er auf die Frage eines Reporters nach seinem Impfstatus: „Ja, ich bin immunisiert.“ Dass er darunter etwas ganz anderes versteht, ist nun allen klar geworden – und hat die NFL in Erklärungsnot gebracht.
Schon gibt es die ersten Teams, die sich öffentlich darüber beklagen, dass die Liga bei den Coronaregeln mit zweierlei Maß messe. Normalerweise nämlich müssen ungeimpfte Spieler bei ihren Klubs ständig eine Maske tragen – abgesehen von den Spielen selbst. Sie dürfen sich auch nicht in Gruppen mit mehr als drei Kollegen zusammenfinden. Rodgers sieht diese Regelungen kritisch und verzichtete in Pressekonferenzen regelmäßig auf einen Mund-Nasen-Schutz.
Rodgers erklärte, kein Querdenker oder Corona-Leugner zu sein
Aus seiner Sicht sei es unnötig, eine Maske zu tragen, wenn er täglich getestet werde und nur mit Leuten spreche, die geimpft seien. „Das ergibt für mich überhaupt keinen Sinn“, sagte er im Podcast des ehemaligen NFL-Profis Patrick McAfee am vergangenen Freitag. Dort erklärte er auch, kein Querdenker oder Corona-Leugner zu sein: „Ich nehme das alles sehr ernst, aber ich habe eine Entscheidung getroffen, die für meinen Körper am besten ist.“
Statt einer Impfung habe er sich einer homöopathischen Behandlung unterzogen, die Wirkung sei wissenschaftlich bewiesen, und deswegen sei es auch keine Lüge gewesen, als er von einer Immunisierung gesprochen habe. Seinen Antrag, als geimpfter Spieler zu gelten, lehnte die NFL vor einigen Wochen allerdings ab. Dennoch verhielt sich Rodgers mitunter so, als wäre er es. Womöglich auch deswegen, weil er für seine kritische Haltung immer wieder auch Zuspruch erhielt.
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So berichtete er von einem Meeting mit einem Experten im Trainingscamp der Packers, der die niedrige Impfquote im Team kritisierte hatte. „Ich habe einige Dinge hinterfragt, die er erzählt hat, und dafür haben mir viele Coaches und Spieler gedankt“, erzählte Rodgers. Beim Spiel in Kansas City am Sonntag waren auffällig viele Rodgers-Trikots für ein Auswärtsspiel von Green Bay im Publikum zu sehen. Ein Fan hielt sogar ein Transparent in die Kamera, auf dem stand: „Wir halten zu Rodgers.“
Impfskeptiker gibt es in den USA wie in Deutschland viele, ihre Haltung wird von Autoritäten immer wieder hinterfragt. Sie tun jedoch nichts Verbotenes, wenn sie auf die Spritze mit einem Anti-Coronawirkstoff verzichten. Rodgers stiftete allerdings noch zusätzlich Verwirrung mit Aussagen, wonach er die Vakzine von Biontech oder Moderna nicht vertragen würde:
„Ich habe eine Allergie auf einen Wirkstoff in den mRNA-Impfstoffen“, erklärte er, und Johnson & Johnson käme für ihn wegen der unklaren Nebenwirkungen nicht in Frage. Dazu hätte er Bedenken im Hinblick auf seine Zeugungsfähigkeit, wenn er sich impfen lasse.
Nach dem aktuellen Stand der Forschung lassen sich diese Zweifel wissenschaftlich nicht belegen, für Rodgers gibt es allerdings darüber hinaus weitere Gründe, auf eine Impfung zu verzichten: „Ich glaube daran, dass ich selbst darüber entscheiden darf, was mit meinem Körper passiert“, sagte er und kritisierte eine vermeintliche „Ausschlusskultur“ für Andersdenkende.
Auch ein Ufo will er schon gesehen haben und mit Kollegen diskutierte er über Chemtrails
Wobei Rodgers durchaus auch über Dinge nachdenkt, die gemeinhin als etwas verrückt gelten. So berichtete sein früherer Teamkollege Seneca Wallace von Diskussionen über Chemtrails und dadurch bedingte Krebserkrankungen, auch ein Ufo will Rodgers schon gesehen haben – es sei orangefarben gewesen und hätte sich von links nach rechts bewegt. Bis vor einer Woche hätten viele Menschen über solche Geschichten aus dem Munde des NFL-Idols noch herzhaft lachen können. Inzwischen stellen sich so manche seiner Fans aber wohl die Frage, wie viel Wahnsinn in dem Genie Aaron Rodgers stecken mag.
Und sie werden darauf hoffen, dass sich Rodgers wieder darauf besinnt, was er am besten kann: den Football zielsicher zum Mitspieler zu bringen. Angeblich geht es ihm inzwischen wieder besser, er will schon am kommenden Wochenende wieder einsatzfähig sein.