Zur Freilassung von Jafar Panahi: Irans Regime bleibt unberechenbar
Nein, es ist nicht vorbei. Die Meldung vom Freitag, dass der iranische Filmemacher Jafar Panahi das Teheraner Ewin-Gefängnis nach einem 48-stündigen trockenen Hungerstreik verlassen konnte, wurde international mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, auch vom Filmfest Cannes und der Berlinale.
Dass tausende politische Gefangene weiterhin in den iranischen Gefängnissen sitzen, kann die Nachricht aber nur mühsam kaschieren. Und sie kann auch nicht über die Willkür eines Regimes hinwegtäuschen, das die drastischen Maßnahmen gegen Kritiker:innen seit dem gewaltsamen Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amiri fortsetzt. Auch im Januar wurden Protestierende hingerichtet, Menschenleben, Menschenrechte sind nicht viel wert im Iran.
Panahi ist auf Kaution frei. Heißt das, er kann jederzeit wieder verhaftet werden? Gewiss wird der prominenteste Filmkünstler des Landes drangsaliert, um auch weniger Prominente zum Schweigen zu bringen. Und er durfte wohl nach Hause, weil die Verweigerung von Wasser, Medikamenten und Nahrung schnell lebensbedrohlich ist und der Iran sich den Skandal eines Tods im Gefängnis nicht leisten will.
Trotzdem hatte das Regime kein Problem damit, den 62-jährigen, seit Juli Inhaftierten auch nach dem 18. Oktober nicht zu entlassen, als der oberste Gerichtshof das Urteil von 2010 wegen Verjährung aufhob. Die Sicherheitsbehörden entscheiden, die Justiz wird zur Farce.
Auch der ebenfalls seit einem halben Jahr inhaftierte Mohammad Rasoulof, Goldbären-Gewinner wie Panahi, ist seit 7. Januar vorübergehend frei, aus gesundheitlichen Gründen. Eigentlich nur für zwei Wochen, das heißt, er kann jederzeit wieder abgeholt werden. Das Gleiche gilt für die mehrfach preisgekrönte Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh.
Anfang Januar war auch die 38-jährige Starschauspielerin Taraneh Alidoosti nach drei Wochen wieder entlassen worden. Sie hatte aus Solidarität mit der Protestbewegung ein Foto von sich ohne Hijab gepostet und zeigte sich auch nach ihrer Freilassung gleich wieder ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit. „Jede internationale Organisation, die das Blutvergießen sieht und nichts unternimmt, ist eine Schande für die Menschheit,” schrieb sie aus dem Gefängnis.
Gut, dass über 300 deutsche Politiker:innen Patenschaften für Gefangene übernommen haben – Symbolpolitik ist besser als gar keine. Ist es wirklich müßig, die Revolutionsgarden seitens der EU auf die Terrorliste zu setzen? Auf der Berlinale werden mehrere Filme zu sehen sein, die von Folter und Hinrichtungen in den iranischen Gefängnissen erzählen. Sie laufen hoffentlich in ausverkauften Sälen.
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