„Wir sind dermaßen sauer auf das Sportamt“

Herr Teichmann, Trainingszeiten für Fußballvereine sind in vielen Berliner Bezirken ein Problem. Dem Landesligisten Friedenauer TSC sind diese kürzlich auf dem Ausweichsportplatz in der Bosestraße gestrichen worden. Der FC Viktoria 89 trainiert dort auch mit Jugendmannschaften sowie den Senioren. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Uns wurden genauso Trainingszeiten gestrichen. Es ist für alle eine Katastrophe: Der Friedenauer TSC und auch wir kommen mit den aktuell angebotenen Trainingszeiten nicht zurecht.

Friedenau schaut mit Sorge auf die anstehenden Wintermonate. Und Viktoria?
Wir hatten in der letzten Winterperiode noch den ganzen Platz für unsere Junioren-Bundesligateams, die sich auf der höchsten Ebene auf den Profifußball vorbereiten. Dieser Platz wurde uns komplett weggenommen. Da haben wir uns zunächst nicht beschwert, weil wir es zumindest im Sommer kompensieren konnten. Aber auf der Anlage im Wildspitzweg, auf der wir aktuell trainieren, gibt es bekanntermaßen kein Flutlicht. Das ist ein riesiges Problem für den ganzen Verein.

Es ist zu hören, dass die Kommunikation zwischen Vereinen und dem Sportamt Tempelhof-Schöneberg gar nicht gut funktioniert. Wie sind Ihre Erfahrungen?
Ich habe bereits mit mehreren Sportämtern in verschiedenen Bezirken zusammengearbeitet, im Vergleich ist es in Tempelhof-Schöneberg ein Riesendesaster. Wir kommen mit dem Sportamt nicht in einen Dialog, weil weder auf Anrufe, noch auf Mails reagiert wird. Wir haben lediglich kurzfristig und rückwirkend unbegründet Bescheide erhalten, die unseren Ansprüchen gar nicht gerecht werden, wie beispielsweise die Zuweisung von sechs bis acht Trainingszeiten. Das ist einfach nicht ausreichend für unsere Bundesligateams. Es gibt keine Kommunikation, kein Miteinander.

Rocco Teichmann, 35, arbeitet seit 2016 als Sportlicher Leiter bei Drittligist FC Viktoria 89. Zuvor war er beim Berliner AK…Foto: Mike Wolff

Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Bei der Entwicklung eines Kraftraums, der Mehrwert für mehrere Vereine hätte, kommt seit drei Jahren kein Prozess ins Laufen. Sanierungen werden nicht beendet, so dass Rasenplätze nicht genutzt werden können. Zertifikate für die Benutzung von Kunstrasenplätzen im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens für die Junioren-Bundesliga werden uns trotz Bemühungen einfach nicht übermittelt.

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Was ist die Folge?
Lösungen wurden wieder einmal vom Verein entwickelt. An diesen Vorgängen sieht man, dass der Umgang mit den Vereinen miserabel ist. Wir sind dermaßen sauer auf das Sportamt, weil wir die Bundesliga im Nachwuchsbereich so nicht halten werden können. Unter diesen Umständen sind wir auf Dauer nicht konkurrenzfähig.

Tauschen Sie sich mit anderen Klubs aus?
Wir hatten mit Friedenau einen guten Dialog und trotzdem ist die Situation überhaupt nicht zufriedenstellend, was ausschließlich auf das Sportamt und den Bezirk Tempelhof-Schöneberg zurückzuführen ist. Wir stehen auch mit anderen Vereinen in engem Kontakt, ansonsten würden wir keine Lösung finden.

Was sind Viktorias Ansprüche?
Wir haben den Anspruch, die Junioren- Bundesliga zu halten und die Verpflichtung, unsere Mitglieder entsprechend ihren Erwartungshaltungen zufriedenzustellen. Im Breitensport bedienen wir auch soziale Aspekte mit unserem Sportangebot. Nur darauf zu hoffen, dass die Vereine immer ihre eigenen Lösungen finden, wird schwierig und kann nicht die Lösung sein. Die Grundlage muss ein Miteinander sein und eine grundlegende Kommunikation mit der Politik, die aber momentan in Tempelhof-Schöneberg nicht vorhanden ist.

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Wo könnten die Gründe dafür liegen?
Einer der Gründe ist die Überlastung des Sportamts. Es gibt zu wenige ungedeckte und gedeckte Sportanlagen im Verhältnis zu den Mannschaftszahlen, auch der Personalmangel bei den Sportämtern spielt hier eine Rolle. Dennoch muss sich das Sportamt den zahlreichen Problemen stellen und kann diese nicht weiterhin ignorieren.

Haben Sie einen Lösungsansatz?
Betroffen sind nicht nur wir, sondern alle Vereine in diesem Bezirk. Das Wichtige dabei ist, die kollektive Zusammenarbeit. Die Lösung besteht nicht darin, dass alle Vereine ihre Probleme allein angehen. Solange dies der Fall ist, wird sich in Tempelhof-Schöneberg nichts ändern. Politik, Bezirksamt und Vereine müssen schnellstmöglich in den Dialog treten.