Urbane Reflexionen in der Zitadelle Spandau: Wo der Regierende mit dem Künstler kickt

Die Situation ist bizarr: Ein Obdachloser lässt sich nieder auf einem ausrangierten Sofa im Freien, dahinter erhebt sich eine mit Graffitis übersäte Hauswand. Offensichtlich haben hier Street-Art-Künstler ihr Revier. Und so dauert es auch nicht lange, bis einer vorbeikommt und den Schläfer mit dem Schriftzug „Home“ übersprüht und dem etwas kleineren Wort „Less“. Wenig später wickelt sich der Obdachlose aus dem Schlafsack, sammelt seine Flaschen Bier wieder ein und geht.  

In seiner Lakonie könnte es ein Beckett-Stück sein. Doch die Schweizer Künstlerin Simone Zaugg, die hier den Obdachlosen gibt und mit einem echten Sprayer zusammenspielt, der deshalb aus gutem Grund sein Gesicht nicht zeigt, meint es verdammt konkret. Es geht ihr nicht um Geworfenheit in die Welt und existenzphilosophische Fragen, sondern das Leben in der Stadt. „Urban Reflections“ nennt sie deshalb ihre Ausstellung im Zentrum Aktuelle Kunst (ZAK) in der Zitadelle Spandau.

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Der Fußballkäfig im ZAK gerät zum Schauplatz privater Förderinitiativen. Seitdem der letzte Kultursenator Joe Chialo angesichts der drastischen Kürzungen den Kulturinstitutionen empfahl, mithilfe von Sponsoren ihren Haushalt zu sichern, fühlt sich die Kunstszene in die freie Wildbahn entlassen. Die Kultur könnte zum Spielball ökonomischer Interessen werden.

Als sich der Senat zu seiner letzten großen Gesprächsrunde in der Zitadelle traf und auch bei der Installation „gold“ vorbeischaute, nutze Pfelder die Gelegenheit, um dem Regierenden Bürgermeister seine Meinung dazu zu sagen. Gekickt haben sie dann trotzdem noch.