Tayfun Korkut und das durchwachsene Debüt in Stuttgart
Es ist ein völlig verunglückter Start. Nach nicht einmal sechs Minuten liegt Hertha BSC im Olympiastadion 0:2 hinten. Macht danach aber gegen Werder Bremen weitgehend das Spiel und schafft noch ein 2:2. Hertha-Trainer war Alexander Nouri, die Begegnung der Fußball-Bundesliga fand am 7. März 2020 statt. Eindreiviertel Jahre sind seitdem vergangen und das ist eine sehr lange Zeit, bezogen auf die Ereignisse rund um den Verein seitdem. Inzwischen ist Tayfun Korkut im Amt, der Nach-Nach-Nachfolger von Nouri.
Korkuts Team hat am Sonntag beim VfB Stuttgart etwas bewerkstelligt, was seit dem Spiel gegen Werder Bremen im März des vergangenen Jahres nicht mehr gelungen ist – obwohl es nicht eben wenige Gelegenheiten gab: Hertha nahm nach einem Zwei-Tore-Rückstand einen Punkt mit, Endstand 2:2. Daher darf das Debüt von Korkut trotz unübersehbarer Mängel als durchaus geglückt bezeichnet werden. „Wir sind sehr gut zurückgekommen. Das stimmt uns positiv. Aber klar gibt es Themen, an denen wir arbeiten müssen“, sagte Korkut am Montagmittag nach dem Training.
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Gut ins Spiel reingekommen, dann zwei Gegentore kassiert und ein eigenes von Ishak Belfodil wegen einer Abseitsposition nicht anerkannt bekommen – das sind die Zutaten, die in der jüngeren Vergangenheit unter verschiedenen Trainern öfter dazu geführt haben, dass Hertha komplett zusammengebrochen ist. Diesmal nicht.
Sicher wurde das Comeback auch durch den VfB Stuttgart begünstigt, der das Fußball spielen mit der nur auf den ersten Blick komfortablen Führung im Rücken unverständlicherweise weitestgehend einstellte. Aber gleichzeitig ist bei Hertha „der Kopf oben geblieben und wir haben weiter gekämpft“, sagte Offensivspieler Marco Richter. „Wir sind nicht vom Plan weggegangen. Die Mannschaft hat Mut bewiesen, da weiterzumachen“, befand Korkut: „Für mich ist Mentalität vor allem auch Mut.“
Die Einstellung stimmte, das Offensivspiel war deutlich ansehnlicher geworden. Sowohl Stevan Jovetic, der doppelt traf, als auch Sturmpartner Belfodil überzeugten. „Es gibt nicht viele Spieler in der Bundesliga, die solch einen Abschluss schaffen“, sagte Korkut zu Jovetics erstem Tor, einem Schlenzer fast von der Strafraumgrenze. Zudem kam über Außen Druck, was auch dem bei Trainer Pal Dardai selten berücksichtigten Myziane Maolida zu verdanken war. Korkuts Vorhaben, „die Qualität der einzelnen Spieler auf den Platz zu bringen“, ist ansprechend gelungen.
Die „Kennenlernphase“, in der sich er und seine Mannschaft immer noch befinden, geht weiter, sagt Korkut
Es hätte also ein sehr erfreulicher Nachmittag für Hertha BSC werden können. Wenn es defensiv wenigstens annähernd so gut gepasst hätte wie offensiv. Da es das nicht tat, sah es zwischenzeitlich nach einem höchst unerfreulichen Nachmittag aus. Neben einigen Wacklern in der Abwehr lag dies vor allem an den schwer zu erklärenden Minuten Mitte der ersten Hälfte. „Wir haben zwei Gegentore gefangen, die blöd für uns waren“, sagte Richter. Bei allem Mut vergaß die Mannschaft zeitweise komplett das Verteidigen. Nur Torwart Alexander Schwolow, der nach den Gegentoren durch Omar Marmoush und Philipp Förster kurz danach gegen Marmoush gut parierte, verhinderte das 0:3 und damit das wohl endgültige Aus in diesem Spiel nach 22 Minuten.
„Meine Mannschaften sind normalerweise in der Vergangenheit in der Defensive nicht so anfällig gewesen“, sagt Korkut. Auch der streckenweise Verlust der Kontrolle über das Spielgeschehen hat dem neuen Coach nicht gefallen. Korkut ist aber „guter Dinge, dass wir das durch harte Arbeit unter der Woche in den Griff bekommen“.
Im besten Falle bis zum Heimspiel gegen Arminia Bielefeld am Samstagnachmittag. Der Gegner kommt zwar als Tabellenvorletzter ins Olympiastadion, präsentierte sich aber in den vergangenen Wochen vor allem in der Abwehr stabil und offenbarte deutlich weniger Schwächen als die hinten anfälligen Stuttgarter.
Nur fünf Teams haben in der Saison bisher weniger Gegentreffer kassiert als die Bielefelder (20). Zum Vergleich: Bei Hertha BSC steht in dieser Spalte der Tabelle die hohe Zahl 29. Bis zum Spiel bleibt Korkut nun eine Trainingswoche Zeit. Die „Kennenlernphase“, in der sich er und seine Mannschaft immer noch befinden, geht weiter. Themen, an denen gearbeitet werden muss, gibt es schließlich genug.