Sogar die Mumie schafft es ins Ziel
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller blinzelte auf der Straße des 17. Juni um 9:15 Uhr in die Sonne und gab den Startschuss. Es konnte also wieder losgehen mit Berlin-Marathon, „Restart Running“ lautete das Motto. Und tatsächlich hätten die Bedingungen für das Comeback des Marathons kaum besser sein können.
Das Wetter war fast perfekt, für die Top-Zeiten allerdings ein bisschen zu warm. Aber von den rund 25.000 Läuferinnen und Läufern war den meisten die Zeit ohnehin schnuppe. Das olympische Motto „Dabei sein ist alles“ hat einen etwas pathetischen Klang. Aber den meisten ging es am Sonntag eben genau darum: wieder bei einem Marathon mitmachen zu dürfen nach so langer Pause, und ja, auch ins Ziel zu kommen nach 42,195 Kilometern. Ein Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer schaffte das auch.
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Wer wirklich große Emotionen sehen will, der muss sich nur an das Ziel bei einem Marathon stellen. Am Sonntag fielen sie vielleicht noch etwas größer aus als sonst. Trotz oder gerade wegen dieser enormen körperlichen Anstrengung strahlten fast alle, manche weinten sogar vor lauter Freude. Es ist immer eine Melange aus Erschöpfung und Glück, die sich im Ziel zeigt.
Der beste deutsche Läufer am Sonntag, Philipp Pflieger, hatte auch wegen Rückenproblemen schwer zu kämpfen. Die letzten Kilometer waren eine Qual für ihn. Als er in einer für ihn, wie er sagte, „indiskutablen“ Zeit von 2:15:01 Stunden ins Ziel einlief, war er nur kurz enttäuscht. Schnell hellte sich seine Miene wieder auf. „Am Ende war es hart, auch emotional. Aber dieses Berliner Publikum ist einfach der Wahnsinn.“ Die Zeit war dann fast nebensächlich.
Denn auch das macht den Marathon aus: die vielen Menschen am Streckenrand. Und von denen gab es trotz der Bundestagswahl und den Berliner Wahlen eine Menge. Viele waren gekommen, um ihre Liebsten anzufeuern, viele, um Leidende wie Pflieger gewissermaßen ins Ziel zu tragen. „Es war toll, die Stimmen und die Rufe der Zuschauer zu hören“, sagte Rabea Schöneborn, die in 2:28:49 Stunden als neuntbeste Frau ins Ziel einlief.
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Dabei waren wegen der Maßnahmen zum Infektionsschutz weniger Läufer und Zuschauer als sonst in diesem Jahr dabei. Auch das Programm neben der Strecke war von den Veranstaltern coronatauglich gemacht worden. Statt 80 Musik-Acts gab es am Sonntag nur 20. Die Unterhaltung wurde etwas heruntergedimmt. Und das könnte eine Erkenntnis sein: Ein bisschen weniger Event ist manchmal sogar besser. Die sonst mitunter laute Beschallung rund um die Strecke fehlte nicht. Im Gegenteil, angenehm war es, den Sound dieses Marathons aus den Kehlen der Menschen zu hören und nicht aus den Lautsprechern.
Im Vorfeld des Berlin-Marathons war in der Berliner Politik durchaus diskutiert worden, ob man das Event aus Gründen des Infektionsschutzes würde durchführen können. Die Veranstalter präsentierten den Entscheidern aus der Politik einen strikten Maßnahmenplan und bekamen schließlich grünes Licht.
Am Sonntag verhielten sich die vielen Läuferinnen und Läufer vorbildhaft. Noch unmittelbar vor dem Start trugen sie – wie vorgeschrieben – ihren Mundschutz. Sollten in den kommenden Tagen und Wochen keine großen Infektionszahlen im Zusammenhang mit dem Berlin-Marathon gemeldet werden, wäre das ein großer Erfolg für alle Läuferinnen und Läufer.
Von denen waren am Sonntag auch ein paar Exoten unterwegs. Am augenfälligsten war ein Schwabe, der als Mumie verkleidet ins Ziel einlief. Schon tags zuvor war er als Elvis bei den Inline-Skatern unterwegs gewesen. „Es war oifach saumäßig warm“, schwäbelte die schwer verhüllte Mumie am Sonntag ins Mikrofon des RBB. Und auch das war der Berlin-Marathon 2021: etwas verrückt, aber in jedem Fall lustig.