Erstes NFL-Spiel in Deutschland: Super Bowl in München

Roman Motzkus muss es wissen: „Ich bin jetzt 34 Jahre im American Football, aber so sehr stand der Sport in Deutschland noch nie im Fokus.“ Motzkus ist früher für die Berlin Adler aufgelaufen, war deutscher Nationalspieler und hat die anfangs goldenen und später schwierigen Zeiten von Berlin Thunder in der NFL Europe miterlebt. Er war Experte für die NFL in der ARD und kommentiert aktuell bei „Ran“ für Pro Sieben, wo der Sport viele neue Fans gewonnen hat. Und nun gibt es sogar noch eine Steigerung. Am Sonntag findet in München das erste offizielle Saisonspiel der NFL auf deutschem Boden statt, im Fußballstadion des FC Bayern treffen dann die Tampa Bay Buccaneers mit Superstar Tom Brady und die Seattle Seahawks aufeinander (15.30 Uhr/Pro Sieben).

„Es ist eine Belohnung für die treuen Fans, die jetzt auch mal ein Spiel vor der eigenen Haustür erleben können“, sagt Motzkus. Die Nachfrage für die 67.000 Tickets war immens, die NFL Deutschland sprach von drei Millionen Anfragen. „Jahrelang stand in Deutschland der Super Bowl im Mittelpunkt des Interesses, aber in den vergangenen Jahren ist darüber hinaus eine breite Fan-Basis entstanden“, erzählt Motzkus.

Ein bisschen fühlt sich das München- Spiel wie ein deutscher Super Bowl an. Es gibt eine Pre-Game-Show, bei der der Rapper Cro auftreten wird. Für die beiden Teams sind offizielle Fan-Kneipen eingerichtet, dazu stehen auf dem Odeonsplatz überdimensionierte Originalhelme der 32 NFL-Teams. Und wer das Glück hatte, ein Ticket zu ergattern, hat bei Preisen zwischen 70 bis 155 Euro womöglich sogar noch ein bisschen Kleingeld übrig, um sich mit Fan-Artikeln einzudecken, von denen es in diesen Tagen in München eine große Auswahl gibt.

 Wir wollen mehr Fans für den Sport begeistern, mehr Menschen Zugang zu diesem Sport verschaffen.

Alexander Steinforth, Chef der NFL Deutschland

„Wir merken aus allen Richtungen großes Interesse am ersten regulären NFL-Spiel in Deutschland und fühlen uns dadurch bestätigt, dass wir diesen Schritt gemacht haben“, sagt Alexander Steinforth, der Chef von NFL Deutschland und fügt hinzu: „Wir wollen mehr Fans für den Sport begeistern, mehr Menschen Zugang zu diesem Sport verschaffen.“ Steinforth hat sogar konkrete Vorstellungen, wie das gehen soll: „Wir investieren derzeit verstärkt in Flag-Football, die kontaktärmere Variante des American Football. Das schafft vor allem Kindern und Jugendlichen einen Zugang zu unserem Sport.“

Und trotzdem gibt es Zweifel an der Nachhaltigkeit des aktuellen Football-Hypes. Es heißt, die NFL sei ein reiner Fernsehsport, der ein Eventpublikum anziehe und von seiner schon länger existierenden Fanbasis profitiert. Die würde die aktuell umfangreiche Berichterstattung mit Begeisterung konsumieren. Aber reicht das für eine dauerhaften Boom oder sogar noch mehr? Roman Motzkus glaubt daran – und kann dafür auch konkrete Fakten benennen: „Bei den Adlern in Berlin ist der Jugendbereich komplett besetzt. Der Zuspruch ist deutlich größer geworden.“

Die Ran-NFL-Crew um Roman Motzkus (5. v. l.) überträgt am Sonntag mit großem Aufwand vom Spiel in München.
Die Ran-NFL-Crew um Roman Motzkus (5. v. l.) überträgt am Sonntag mit großem Aufwand vom Spiel in München.
© dpa/Benjamin Kis

Dazu hätten es aus der A-Jugend des Berliner Bundesligisten zuletzt drei Spieler an die High School in den USA geschafft und zwei weitere direkt aufs College. „Früher war das mit Björn Werner genau einer“, sagt Motzkus. Deutschlandweit seien inzwischen über 30 deutsche Spieler in Amerika in der Football-Ausbildung. „Die NFL blickt inzwischen über den Tellerrand, das war früher nicht so“, sagt Motzkus.

Dabei ist American Football in Deutschland kein rein männliches Phänomen. Bei ProSieben würden viele Familien einschalten und rund ein Drittel der Zuschauer sei weiblich. Das zeige Motzkus zufolge, dass der Sport die breite Gesellschaft anspricht. ProSieben hat hier – anfangs noch auf dem Spartensender ProSiebenMaxx – Aufbauarbeit geleistet, inzwischen schalten pro Sonntag rund eine Million Zuschauer ein. Und bald will die NFL die nächste Stufe zünden, wenn die Liga ab nächster Saison bei RTL läuft und womöglich mit einem neuen, weiterentwickelten Konzept neue Fans findet.

Dazu kommt womöglich schon ab 2023 noch mehr Live-Football in deutschen Stadien: „Wir werden in den nächsten Jahren weitere Spiele in Deutschland austragen“, sagt Alexander Steinforth. Das Fan-Wachstum soll anhalten. Noch besser könnte das mit deutschen Stars in der NFL gelingen und auch in dieser Hinsicht sieht Steinforth Potenzial, denn: „Je mehr deutsche Protagonisten es gibt, desto eher können Fans eine emotionale Bindung aufbauen.“ Daran glaubt auch Roman Motzkus. Nach 34 Jahren im American Football muss er es schließlich wissen.

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