Die „Konferenz der Tiere“ des Atze Musiktheaters: Wider die Trägheit der Herzen

Auf dem Tempelhofer Feld gibt es ein neues Theater zu entdecken: das Luftschloss des Atze Musiktheaters, ein hölzernes Amphitheater, das Raum für 350 Menschen bietet und künftig von Mai bis September ein buntes Kulturprogramm für kleine und große Zuschauer:innen anbieten wird.

Am Freitag fand mit „Die Konferenz der Tiere“ die erste Premiere statt. 74 Jahre nach seiner Entstehung ist Erich Kästners Kinderbuchklassiker von 1949 erschreckend aktuell. Nachdem ihnen der Zugang zum Wasser des Tschad-Sees von Soldaten versperrt wird, beschließen Elefant Oskar (Jochen Weichenthal), Löwe Alois (Maike Schröter) sowie Giraffe Gisela (elegant: Guylaine Hemmer), zu tun, was keiner menschlichen Konferenz bisher gelang: Krieg, Elend und Umweltzerstörung zu beenden.

Mit Hilfe der Eisbärin Paula (Sabine Liebisch) machen sie sich auf den abenteuerlichen Weg zum Konferenzort Kapstadt, wobei ihr Transportmittel, eine Eisscholle, prompt dahinschmilzt.

Die insgesamt neun Darsteller:innen sorgen mit engagiertem Spiel und Gesang für ein Theatererlebnis, dessen anrührender Naivität sich Jung und Alt nicht verschließen können. Dabei bleibt, bei allem Ernst des Themas, auch Kästners feiner Humor erhalten.

Das Ringen der Tiere mit moderner Kommunikationstechnik- wie gelangt man als Hahn zum Mikrofon, wenn die Vorrednerin eine Giraffe war? – sorgt für Lacher und hätte sogar noch stärker ausgereizt werden können.

Eine Band aus Kontrabass, Percussion, Gitarre, Flöte und Saxofon begleitet die schmissigen Gesangsnummern. Besonders das Bürokraten-Ensemble, in dem sich die Menschen kurzerhand zur „Krone der Welt erklären“, bleibt im Gedächtnis.

Kästners Klassiker auf die Bühne gebracht. Szene aus „Konferenz der Tiere“, der Inszenierung des Atze Musiktheaters im Luftschloss.
Kästners Klassiker auf die Bühne gebracht. Szene aus „Konferenz der Tiere“, der Inszenierung des Atze Musiktheaters im Luftschloss.
© Barbara Eismann

Andrea Pinkowskis Inszenierung fügt der Romanvorlage die Figur des Gustav (Jonathan Bamberg) als Vertreter der Kinder hinzu. In Gustavs Szenen mit seiner Mutter, der Generalin Zornmüller (beängstigend intensiv dargestellt von Evelyne Cannard) zeigt sich leider auch eine Schwäche der Inszenierung.

Es gelingt Pinkowkski nicht, die für die Zerstörung der Welt verantwortlich gemachten Erwachsenen jenseits des Klischees seelenloser Bürokraten darzustellen. Hier hätte auch ein erwachsenes Publikum stärker angesprochen werden können, was Kästner stets wichtig war, und beispielsweise in Pixar-Filmen wie „Oben“ oder „Soul“ erreicht wird. Auf jeden Fall erreicht die Produktion aber ihre Zielgruppe, was gebannte Kindergesichter und offene Münder beweisen.

Erwachsenen wird die Zukunft heutzutage in Filmen und Büchern ausschließlich als Dystopie präsentiert. Positive Utopien wie „Die Konferenz der Tiere“ sind daher eine seltene Wohltat. Dem Atze Musiktheater sei für das bewegende Theatererlebnis herzlich gedankt.