Kolumne Berliner Trüffel, Folge 32: Die Arnims auf dem Arnimplatz
Einen Platz nach dem Dichter Achim von Arnim zu benennen oder ihm gar ein Denkmal zu setzen – derzeit unvorstellbar! Sofort würde ein Sturm der Entrüstung losbrechen, weil der Poet auch Gründer der „Deutschen Tischgesellschaft“ war, die seit 1811 in verschiedenen Berliner Lokalen schmauste und disputierte.
Frauen und Juden, auch getaufte, blieben qua Satzung ausgeschlossen. Dies in einer Epoche, als jüdische Frauen wie Rahel Varnhagen und Henriette Herz zu Ruhm gelangten, weil sie als Gastgeberinnen Menschen aus verschiedenen Berliner Gesellschaftsschichten ins Gespräch brachten.
Einen Salon führte auch Bettine von Arnim nach dem Tod ihres Mannes, er war polizeibekannt wegen der Debatten über politische und soziale Missstände, die dort möglich waren. Das 1997 eingeweihte Denkmal auf dem Arnimplatz von Michael Klein führt beide Figuren zusammen.
Geplant zu DDR-Zeiten
Selbstbewusst, in sich ruhend sitzt Bettine in der Sonne, an die Schulter ihres Mannes gelehnt. Achim wirkt mit seiner Mütze und in schmuckloser Kleidung eher wie ein Arbeiter – ein Hinweis darauf, dass die Planungsgeschichte des Denkmals bis in die DDR-Jahre zurückreicht. Bettines leichtes Kleid lässt ihre Körperfülle fast nackt erscheinen.
Ein bisschen zu monumental wirkt die Bronzeskulptur aus der Nahsicht. Damit sie schon von den Platzrändern die Blicke auf sich lenkt, steht sie am Kreuzungspunkt zweier Parkwege auf einem Travertinsockel. Er zieht nicht nur Graffitisprayer an, sondern bietet an warmen Tagen gleich mehreren Pärchen eine bequeme Sitzgelegenheit. So ist das Romantiker-Ehepaar oft von einem Hauch junger Prenzlauer-Berg-Liebe umflort.
Als das Viereck inmitten von Mietskasernen 1903 den Namen Arnimplatz erhielt, hatte man nur den patriotischen Dichter im Sinn, der in den Befreiungskriegen gegen Napoleon ein Landsturmbataillon kommandierte. Heute schützt ihn seine emanzipierte Ehefrau davor, ins Fegefeuer einer Abriss- oder Umbenennungsdebatte zu geraten.