Super Bowl und Halftime-Show: Warum es auch ein gelungenes Spektakel für uns Europäer war

Donald Trump kam und salutierte, Taylor Swift kam und wurde ausgepfiffen und die Chiefs kamen nicht in Wallung. Super Bowl LIX (als römische Zahl zu lesen) war eine flotte Show, in der vieles gut inszeniert war, der nicht planbare sportliche Teil allerdings keine Spur von Drama versprühte. Die Kansas City Chiefs kassierten gegen die Philadelphia Eagles ein historisch klares 22:40. Schon zur Halftime-Show war klar: Wer Spannung suchte, der musste es wie der US-Präsident machen und den Caesars Superdome von New Orleans vorzeitig verlassen.

Wahrscheinlich ist der Präsident früher gegangen, weil er mit seinen Beratern alle Energie in einen Mediapost investieren wollte. „Die einzige, die einen schlimmeren Abend hatte, als die Kansas City Chiefs, ist Taylor Swift“, ließ Trump auf seiner Online-Plattform Truth Social über den im Stadion ausgebuhten Weltstar schreiben. 

Aber das Stadion verlassen oder gar vor Spielende abgeschaltet, hat bis auf Donald Trump wohl kaum jemand, zumal das größte Sportereignis aus den USA ja ein weltweit beachtetes Spektakel ist, bei dem die gefühlt halbe Welt zuschaut. Schließlich kommt die Veranstaltung ja auch aus dem „besten Land der Welt“, wie Travis Kelce, Star der City Chiefs und Partner von Taylor Swift, über sein Heimatland gesagt hat.

Man muss diese Einschätzung von Kelce natürlich nicht teilen und kann sich etwa aus europäischer Sicht fragen, warum man sich den ganzen Käse um die Riesenschüssel antun soll.

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Der Superbowl ist so schön unverfänglich

Die US-Amerikaner interessieren sich vor allem für den Sport in den USA und an zweiter Stelle auch für Sport in den USA und dann vielleicht noch an Sport außerhalb den USA, wenn er direkt etwas mit den Erfolgen von US-Sportler:innen zu tun hat. Olympia ist noch ein Thema, eine Fußball-WM eher weniger (Soccer?) und US-Sportler:innen, die etwa im Basketball oder Eishockey in Europa ihr Geld verdienen müssen, gelten als gescheitert, weil sie es eben nicht in die mächtigen US-Ligen geschafft haben.

Kendrick Lamar and SZA performen während der Halbzeit beim Superbowl.

© imago/UPI Photo/IMAGO/BONNIE CASH

Über Football brauchen wir in diesem Zusammenhang gar nicht zu reden, er existiert außerhalb des US-Radars nur, wenn die NFL mal ein Gastspiel in Europa macht, wie zum Beispiel in diesem Jahr in Berlin. Daher nennen sie ihn außerhalb der USA ja auch American Football (obwohl das mit Mexiko oder Peru wenig zu tun hat). Warum also sollten wir Europäer dann den US-Hype um eine Liga mitmachen, die Europa vor allem als einen Markt für ihre Interessen sieht?

Ganz einfach, weil so ein Super Bowl auch unverfänglich ist. Einmal im Jahr können wir uns die Nacht mit dem Megaunterhaltungsevent um die Ohren hauen, auch ohne Fan von Football zu werden, geschweige denn uns verpflichtet zu fühlen, fortan eine komplette NFL-Saison verfolgen oder die Namen sämtlicher Quarterbacks der Liga kennen zu müssen.

Wir müssen auch nicht aufgeregt sein, können die Halftime-Show sogar unterhaltsamer finden als das Spiel. Oder uns über Donald Trump aufregen und raten, wann Taylor Swift durchs Bild huscht und vergeblich auf einen Heiratsantrag im Hause Swift-Kelce warten (diesen Moment gab die Einseitigkeit des Spiels wohl nicht her).

Kein Schmerz bei Siegen oder Niederlagen

No Obligations! Und auch kein Schmerz bei Siegen oder Niederlagen. Grob geschätzt mindestens 95 Prozent der Zuschauenden aus Good old Germany (Europa, liegt gleich neben den Niederlanden) werden in ihrem Leben noch nicht in Kansas City oder in Philadelphia gewesen sein, das schafft auch eine gesunde emotionale Distanz und muss die Freude am Event nicht trüben.

Im Gegenteil, bei einer Niederlage „unseres“ Teams müssen wir nicht die Deutschlandfähnchen vom Auto holen, bei einem Sieg unseres Favoriten, müssen wir auch nicht freudetrunken auf die Straße laufen und die Sektflaschen schwenken.

Wir können nach dem Spiel sofort ins Bett gehen und am nächsten Morgen übermüdet zur Arbeit fahren. Und wenn uns jemand im Büro nach einer Erklärung zu den Ringen unter den Augen fragt, sagen wir: „Superbowl“. Das hat doch was.