Stuttgarter „Tatort“: Was passiert, wenn man unter 14 Jahren eine Straftat begeht?
Die Idee, ein strafunmündiges Kind in eine Straftat und damit in ein moralisches Dilemma zu verwickeln, um als verwandter Mittäter selbst ungeschoren davon zu kommen, ist ein beliebtes Motiv in der Krimi-Fiction. Und Kern der imposanten „Tatort“-Geschichte von Sönke Lars Neuwöhner und Martin Eigler um einen Teenager, der von seinen Brüdern bei einem Überfall auf einen Juwelier als Wachposten eingesetzt wird. Eine Kundin kommt dabei ums Leben.
Ein äußerst schwieriger Fall für die Ermittler Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) im neuen Stuttgarter „Tatort: Zerrissen“ (ARD, 21.1., 20.15 Uhr). Nicht weil die Täterschaft im Unklaren liegt, es ist diesmal kein klassischer Whodunit-Krimi. Sondern weil es sehr viel Fingerspitzengefühl braucht, um Leben und Seele des 13-Jährigen Jungen zu retten, der zwischen Polizeiermittlungen, Loyalität zur (kriminellen) Familie samt geliebter Oma und zärtlichen Gefühlen für die Sozialarbeiterin Annarosa (Caroline Cousin) aus seinem Jugendheim zerrissen zu werden droht.
Ein Minderjähriger als Joker. Und ein eingespieltes Ermittlerteam. Im angemessenen Handling mit David (grandios: Louis Guillaume) sind sich die beiden Kommissare nicht immer einig. Das Ganze ist mitunter etwas klischeehaft – good cop, bad cop – inszeniert (Regie: Martin Eigler), genauso wie die Darstellung der verdächtigen Familien Maslov und Ellinger um David herum, mit langem Vorstrafenregister, Griff in den Schritt und fiesen Gesichtern.
Dennoch: Richy Müller und Felix Klare kriegen zurzeit mit die besten Drehbücher im deutschen „Tatort“. Die Stuttgarter Ausgabe über einen 13-Jährigen im moralischen Dilemma zwischen Vertrauen, Frühlingserwachen, Loyalität und Verrat kann das hohe Niveau der vorigen Folge mühelos halten. Man wird noch lange über die Schlussszene nachdenken.