Spurensuche bis in die Karibik
Schottland ist mehr als Dudelsack, Kilt und Whisky, das zeigt eindrucksvoll die Ausstellung „Document Scotland: Ansichten aus einem Land im Wandel“ im Museum Europäischer Kulturen (MEK). Sie bildet das Zentrum der Europäischen Kulturtage im MEK, die das Gastland Schottland einen Monat lang vorstellt.
[Kulturtage bis 18. 9., Ausstellung bis 20. 11., www.smb.museum/mek]
Die vier Fotograf:innen des Kollektivs „Document Scotland“ haben je ihren eigenen Blick auf das Land, das seit 1707 Teil des Vereinigten Königreichs ist, dessen zentrifugalen Kräfte immer stärker werden, erst recht nach dem Brexit. Colin McPherson beobachtet das Leben auf der kleinen Insel Easdale der Inneren Hebriden mit 65 Einwohner:innen. Alles muss importiert werden, auch die Kohle zum Heizen und Kochen. Also packen alle mit Schubkarren an, wenn das Schiff mit der Kohle kommt, um den Rohstoff zu verteilen. Auf einem Bolzplatz erinnert das Schild „Bombay 4962 miles“ an koloniale Zeiten.
Der vergangenen Größe ist auch Stephen McLaren auf der Spur. Schottische Pflanzer besaßen ein Drittel aller Plantagen auf Jamaika, der reichsten Kolonie Großbritanniens. Der Reichtum von einst spiegelt sich noch in den noblen Häusern der New Town Edinburghs mit ihren blanken Messingschildern und den mächtigen Grabmonumenten auf Calton Hill. Das Geld kam nicht nur aus dem Zuckerhandel, sondern auch aus Ausgleichszahlungen der Regierung an die Sklavenhändler, die 1837, drei Jahre nach dem Verbot der Sklaverei für ihre Einkommensverluste entschädigt wurden. Daran, die ehemals Versklavten zu entschädigen, hat niemand gedacht.
Aber auch auf Jamaika finden sich Spuren jener Zeit, so etwa das harmlos scheinende Straßenschild „Culloden“, das an die katastrophale Niederlage des schottischen Widerstands gegen die Engländer 1746 erinnert. Ein Foto zeigt den Blick aus dem Herrenhaus einer ehemaligen Plantage, das sich noch im Besitz der jamaikanischen Regierung befindet und eventuell an einen chinesischen Investor verkauft werden soll, der hier ein Luxusresort errichten will. Die Erinnerung an die komplizierte Geschichte der einstigen Kolonie ist der überraschendste Aspekt dieser Schottland-Ausstellung.
Glasgow und seine Protest-Tradition stehen im Mittelpunkt der Arbeit von Jeremy Sutton-Hibbert. Die Arbeiterstadt Glasgow ist bis heute Ausgangspunkt für soziale und politische Proteste. Fotos von Demonstrationen zum Brexit, zur Arbeitslosigkeit, gegen den Krieg in der Ukraine, gegen Boris Johnson zeigen es. Sutton- Hibbert dokumentiert aber auch die Marching-Bands der Unionisten sowie das schottische blau-weiße Fahnenmeer bei einer Demonstration zur Unabhängigkeit in Sterling 2018.
Zahlreiche Veranstaltungen zu den Europäischen Kulturtagen im MEK
Herzstück der Europäischen Kulturtage sind die zahlreichen Veranstaltungen. Am kommenden Donnerstag (25. August), gibt es ein Green Whisky-Tasting und am nächsten Sonntag (28. August) lautet das Motto „Essen und Begegnen: Haggis, Tatties und Talks“. Man kann ein traditionelles Dreigang-Menü buchen und genießt es an einem Tisch gemeinsam mit Schott:innen, um sich über Schottland auszutauschen.