Rundfunk Berlin-Brandenburg: Eine Krise ist nicht beendet, wenn sie für beendet erklärt wird
Katrin Vernau hat mit ihrer Feststellung eine wesentliche Frage aufgeworfen: Ist eine Krise damit beendet, dass sie für beendet erklärt wird? In ihrer Abschiedsrede vor dem Rundfunkrat hat die scheidende Interimsintendantin gesagt: „Der neue Rundfunk Berlin-Brandenburg hat begonnen – er ist raus aus der Krise.“
Blick in den Abgrund
Tatsächlich kann der Beginn der Krise genauer bestimmt werden als ihr Ende. Als Mitte 2022 das imperiale Gebaren der später fristlos entlassenen Intendantin Patricia Schlesinger öffentlich wurde, schaute der Rundfunk Berlin-Brandenburg in den Abgrund: die Etats weit überdehnt, das Projekt eines Digitalen Medienhauses auf tönernen Füßen, ein Gehalts- und Bonussystem fern von Maß und Mitte. Der damalige ARD-Vorsitzende, WDR-Intendant Tom Buhrow, griff ein, stellte den RBB quasi unter Zwangsverwaltung, schickte die WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau nach Berlin.
Die Ökonomin kam, sah und packte entschlossen an. Der RBB ist wieder in der Spur, er bewegt sich Richtung Zukunft. Nur: Die Krise hatte und hat Auswirkungen, Nebenwirkungen, Spätwirkungen. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt unverändert, die Arbeitsgerichtsprozesse mit der früheren Senderspitze sind längst nicht abgeschlossen, der Untersuchungsausschuss im Landtag Brandenburg forscht weiter, der Compliance-Abschlussbericht liegt nicht vor und, und, und. Die Finanzen sind zwar wieder geordnet und bedeuten gleichzeitig, dass der RBB nicht nur in seinem Fernsehprogramm ein Sparprogramm auflegen wird.
Joachim Huber verfolgt intensiv die Situation beim Rundfunk Berlin-Brandenburg
Das alles weiß Vernau, trotzdem sieht sie den öffentlich-rechtlichen Sender wie Phoenix aus der Asche steigen. Nun ist Optimismus an der Spitze eines Unternehmens immer ein begrüßenswertes Zeichen. Aber wenn er faktisch nicht unterlegt ist, bleibt er eben nur eine optimistische Annahme.
Die hoffentlich bald abgeschlossene Aufklärung und Aufarbeitung des Regimes Schlesinger hinterlässt einen Sender, in dem und aus dem heraus das destruktiive Versagen des Spitzenpersonals und Aufsichtsgremien noch fortwirkt. Zuallererst muss das Vertrauen der Beitragszahler wiederhergestellt werden. Der RBB muss sich beweisen als public service, als öffentlich-rechtliche Rundfunk- und nicht als Versorgungs- und Verschwendungsanstalt.
Katrin Vernau geht, die Krise bleibt. Nicht die Krise von 2022, sondern die Krise im Gewand von 2023 und 2024.