Roger Federer vor seinem letzten Match: „Natürlich würde ich gerne mit Rafa spielen“
Vor fünf Jahren gab es am Altstädter Ring im Zentrum von Prag einen ungewöhnlichen Menschenauflauf. Frauen, Männer und viele Kinder blickten hoch auf eine Tribüne, von der ein paar Tennisspieler fröhlich in die Menge winkten. Mittendrin: Roger Federer.
Wobei der Schweizer natürlich in gewisser Weise vorneweg ging, so wie er das in seiner Karriere eigentlich immer getan hat. Wo Roger Federer auftauchte, stand er sofort im Fokus. Und so riefen die Fans in Prag denn auch immer wieder „Roger, Roger“ – und der Maestro lächelte freundlich zurück.
Nun könnte man meinen, Federer versteht das Geschäft und weiß, wie er sich inszenieren muss. Aber wer so denkt, hat den Schweizer falsch verstanden. Natürlich ist Federer Profi im Umgang mit Menschen, gerade solchen, die er nur flüchtig sieht oder spricht. Und doch war es ihm stets ein Bedürfnis, es möglichst allen recht zu machen. Und das, ohne sich dabei verstellen zu müssen.
Tatsächlich war Roger Federer immer authentisch, freundlich – ja gar zuvorkommend. Ihm sei einst geraten worden, doch etwas mehr Härte zu zeigen, insbesondere auf dem Tennisplatz in den Duellen mit der Konkurrenz. Er entschied sich anders, weil er sehen wollte: „wie weit ich damit komme, einfach normal zu sein, ich selbst zu sein.“ Das erzählte er am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz vor dem Laver Cup im London, wo er am Freitagabend ein letztes Mal ein Tennismatch bestreiten wird.
41 Jahre alt ist Federer, nun hört er nach einer großen Karriere auf. Weit ist er als Tennisspieler gekommen, hat viele Höhen, aber auch manche Tiefen erlebt. Und er hinterlässt seinem Sport nicht nur viele unvergessliche Momente, sondern auch ein Turnier, das es ohne ihn nicht geben würde. Der Laver Cup, jener Mannschaftswettbewerb zwischen einem Team Europa und einem Team Welt, mag eine Showveranstaltung sein, aber die Show stimmt einfach.
So wie schon 2017 bei der Erstauflage in Prag. Federer und seine Management-Agentur wollten damit auch das Tennis selbst feiern, als Spieler verstand er den Laver Cup zuallererst als eine Reminiszenz an die Großen seines Sports. Rod Laver, Namensgeber des Wettbewerbs und eines der Idole des jungen Roger Federer, ist eine Art lebendiges Maskottchen, war schon in Prag bei der Premiere vor Ort und ist nun auch bei der fünften Auflage wieder dabei.
Dazu hat Federer Björn Borg und John McEnroe als Teamkapitäne gewinnen können, beide werden ab Freitag auch in London wieder ihre Mannschaften nominieren und betreuen.
Das wäre ein spezieller Moment.
Roger Federer über ein mögliches Doppel mit Rafael Nadal am Freitag beim Laver Cup
Wobei in diesem Falle alles auf den Abschied von Roger Federer ausgerichtet ist. Sein finales Match wird ein Doppel sein, mehr lässt der Körper nach drei Knieoperationen nicht mehr zu. Wer Partner an seiner Seite sein soll, dazu äußerte er am Mittwoch einen besonderen Wunsch: „Natürlich würde ich gerne mit Rafa spielen. Das wäre ein spezieller Moment.“
So wie 2017, ebenfalls beim Laver Cup, als Federer und Nadal erstmals und bis heute auch zum letzten Mal gemeinsam ein Wettkampfdoppel spielten. In Prag war das seinerzeit das beherrschende Thema: zwei Rivalen, die zu Teamkollegen werden. Wobei Federer und Nadal – auch das ist kein Geheimnis – längst zu Freunden geworden sind, die sich als Gegner respektieren und abseits vom Tennis als Menschen schätzen.
In Prag kam es seinerzeit zu einer amüsanten Anekdote rund um die beiden Superstars. Federer war in ein Gespräch mit einem Reporter vertieft – für Medientermine hat sich der Schweizer immer Zeit genommen und sie als Teil seines Jobs verstanden, ohne den Journalisten dabei das Gefühl zu geben, dass es für ihn ein Job ist.
Also sprach Federer ausführlich über den Laver Cup und war inzwischen der letzte Vertreter aus den beiden Teams, der noch Pressearbeit leistete. Vor dem Eingang des Medienzentrums wurde Rafael Nadal langsam unruhig und rief: „Roger komm, wir müssen los.“
Federer entschuldigte sich bei dem Reporter, den er nun stehen lassen musste und meinte: „Ich kann Rafa ja jetzt nicht warten lassen.“ Am ersten Tag des Laver Cups hatte Federer spielfrei und offenbar ein schlechtes Gewissen. Über die Veranstalter ließ er mitteilen, dass er sein Gespräch mit dem Journalisten vom Vortag nun fortsetzen würde und sich auch für die anderen deutschen Kollegen gern ein paar Minuten Zeit nimmt.
Über Roger Federer ist viel geschrieben worden, kleine und große Artikel, ja sogar Bücher – 24 Tennisjahre sind schließlich eine lange Zeit. Jetzt, da seine Zeit als Profi zu Ende geht, wolle er sich das alles einmal durchlesen oder im Fernsehen schauen, was über ihn so berichtet worden sei. Dass er dem Tennis erhalten bleiben wolle, hatte er schon bei seiner Rücktrittsankündigung vor einer Woche erklärt.
Gut möglich, dass die Berliner beim Laver Cup in zwei Jahren einen Roger Federer erleben, der eine neue Rolle in seinem Sport gefunden hat: Als Team-Kapitän oder auch erst einmal als Vize-Kapitän für Europa neben Björn Borg. Sollte es so kommen, wäre er der heimliche Star der Veranstaltung – und „Roger, Roger“-Rufe wird es dann ganz sicher auch rund um und in der MB-Arena reichlich geben.
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