Offener Konflikt mit der Bundesregierung : DOSB attackiert neues Sportfördergesetz
Im Ringen um eine Reform der Sportförderung geht der Deutsche Olympische Sportbund in den offenen Konflikt mit der Bundesregierung. Der Dachverband reagierte am Freitag mit ungewohnt scharfer Ablehnung auf den Entwurf des neuen Sportfördergesetzes und drohte mit einer Blockadehaltung bei den weiteren Verhandlungen. Die Pläne des Bundesinnenministeriums seien „für den gesamten organisierten Sport in Deutschland nicht akzeptabel“, ließ sich DOSB-Präsident Thomas Weikert zitieren.
Aus Sicht des DOSB gefährde der 52-seitige Gesetzentwurf die Ziele der Leistungssportreform und stelle „die bisher vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem organisierten Sport infrage“. Demnach wäre das Vorhaben „sogar eine Verschlechterung zum Status quo“ und würde künftige Erfolge deutscher Athletinnen und Athleten gefährden, wetterte der Verband in seiner Mitteilung.
Vor allem die geplante Sportagentur zur Verteilung der Förder-Millionen wird mehr denn je zum Zankapfel zwischen DOSB und Bundesregierung. Im Gesetzentwurf bekommt der Bund an entscheidender Stelle das letzte Wort bei grundsätzlichen Fragen für die Mittelvergabe. „Von einer Unabhängigkeit der Agentur kann man angesichts der ihr in diesem Entwurf durch den Bund angelegten Fesseln nicht mehr sprechen“, kritisierte Weikert.
Das ist wenige Monate vor den Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris eine herbe Enttäuschung.
DOSB-Präsident Thomas Weikert
Mit der nun vorgelegten Regelung reagierte das Innenministerium auf die Intervention der Haushälter des Bundestags. Diese hatten im vergangenen Herbst die mit dem organisierten Sport ausgehandelte Spitzensportreform gestoppt und die parlamentarische Kontrolle über die Zuteilung der Fördergelder in Höhe von rund 300 Millionen Euro gefordert.
Die Sportagentur ist das Herzstück der Reform und soll künftig die Aufgaben bei Steuerung und Förderung übernehmen. Die Leitlinien der Agentur soll ein 18-köpfiger Stiftungsrat mit Vertretern von Bund, Ländern und DOSB bestimmen, in dem die Bundesregierung den Vorsitz übernimmt und bei Stimmengleichheit entscheiden kann. Ursprünglich hatten das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium und der DOSB ausgehandelt, in der Sportagentur gleichberechtigt zu agieren.
Der Verband kündigte masiven Widerstand an
Der Dachverband sieht nun sowohl die Unabhängigkeit der Agentur als auch den erhofften Bürokratieabbau in der Sportförderung nicht mehr gesichert. „Das ist wenige Monate vor den Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris eine herbe Enttäuschung“, sagte DOSB-Chef Weikert.
Die im Gesetzentwurf umrissene Agentur sei handlungsschwach angelegt, urteilte der Verband und kündigte massiven Widerstand im weiteren Gesetzgebungsverfahren an. Nach den Plänen des Innenministeriums soll das neue Sportfördergesetz bis zur Sommerpause im Kabinett beraten werden. Spätestens im Winter soll es dann im Bundestag verabschiedet werden und in Kraft treten.
Dann könnte die Sportagentur Anfang 2025 ihre Arbeit aufnehmen. Im Tagesgeschäft sollen zwei gleichberechtigte Vorstände die Sportagentur führen, die noch gesucht werden. Die Bundesregierung rechnet im ersten Jahr mit Kosten von fünf bis sechs Millionen Euro für Aufbau und Betrieb der Agentur.
Mit schnellen Erfolgen durch die neuen Strukturen rechnet die Politik dem Vernehmen nach allerdings nicht. Frühestens nach den Sommerspielen 2032 in Brisbane werde das Sportfördergesetz mit der Sportagentur seine volle Wirkung in der Medaillenbilanz entfalten können, heißt es aus Regierungskreisen.