Nicolas Cage, der Teufelsanbeter: Dieser Film macht „Das Schweigen der Lämmer“ Konkurrenz
Kindermörder haben im Thriller Tradition. Peter Lorre gab ihn pfeifend in Fritz Langs „M“, Robert Mitchum singend in „Die Nacht des Jägers“. Nicolas Cage gibt ihn schreiend, lachend, weinend, mal trällert er, mal wirft er ein Küsschen in die Kamera.
Der Unterschied zu Mitchum und Lorre: Cage ist ein Kindermörder wie aus einem Albtraum. Hager, bleich, schütteres Haar, aufgedunsenes Gesicht.
Er ist der Prototyp des satanischen Kindermörders, der als „Longlegs“ das FBI in den 1990er-Jahren im US-Bundesstaat Oregon in Atem hält. Das hat den schon seit den 1970ern aktiven Serienkiller im Visier und hofft, mit der jungen Agentin Lee Harker (Maika Monroe) ein Ass im Ärmel zu haben.
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Harker hat eine Art sechsten Sinn für Mordfälle. Als sie mit einem Kollegen in einer Reihenhaussiedlung Türen abklappert, erkennt sie durch bloße Intuition das Haus eines Serienmörders.
Diese Gabe soll sie nun auch in Bezug auf Longlegs anwenden, der jedoch eine ganz eigene Perversion des Mordens an den Tag legt: Er bringt Familienväter dazu, Frau und Kinder zu ermorden und sich dann selbst zu richten.
Der einzige Anhaltspunkt, den Lee und ihre Kollegen haben, sind verschlüsselte Briefe, die Longlegs am Tatort hinterlässt. Es sind Geburtstagswünsche für die Töchter der Familien, die jeweils am 14. eines Monats neun Jahre alt werden.
Die numerischen Gleichnisse der einzelnen Morde lassen Harker auf Okkultismus schließen. Auch sonderbare Vorkommnisse, Visionen und ihre eigene Vergangenheit verweben sich immer mehr zu einem lebendigen Alptraum für die junge Agentin.
Maika Monroe spielt auch sie als prototypische Thrilleragentin: Ehrgeizig, unermüdlich, beinahe stoisch geht sie den verstörenden Ereignissen nach, die sie immer tiefer in das Grauen des Falles hineinsinken lassen. Ihre anfängliche Coolness wird von den unerklärlichen Mächten, die Longlegs antreiben, mehr und mehr erschüttert.
Auch für das Publikum bleibt „Longlegs“ unfassbar. Der paranormale Horror, mit dem Regisseur Oz Perkins (Sohn des legendären Anthony Perkins) sukzessive die Thrillerelemente verdrängt, besteht in dem luftleeren Raum, in dem Harker agiert.
Wenn sie nächstens am Schreibtisch sitzt, über okkulte Texte gebeugt, erzeugen offene Türen im Hintergrund nicht nur Unbehagen, sondern sind ein Abbild von Harkers Seele innerhalb des Falls und seiner düster-schaurigen Welt. Und in dieser Welt, so beschwört es Cage als Longlegs dreimal, darf, muss und kann nur der Teufel regieren.
Wo in „Das Schweigen der Lämmer“ noch das Gute obsiegte, gehört in „Longlegs“ dem Bösen die Bühne. Das macht diesen unfassbaren Film beklemmend zeitgemäß.