Die 19. Architekturbiennale von Venedig: Hitze-Stresstest im deutschen Pavillon

Dieser Tage war das Wetter in Venedig mal so, mal so. Aber nicht anders als nördlich der Alpen. Damit ist man, ohne es recht zu merken, beim Klimawandel angekommen, der den ohnehin warmen Süden noch wärmer, den kühlen Norden aber spürbar heißer machen wird.

Und damit Forderungen an Architektur und Städtebau stellt, die wir uns immer noch nicht zu eigen machen. Und schon gar nicht die Politik, die ihre ganze Tatkraft auf die Sanierung des Bestandes richtet, statt auf die notwendige Transformation von Bauen, Verkehr, von allem.

Weckruf der Deutschen

Bedarf es noch eines Weckrufs? Der deutsche Beitrag zur diesjährigen, 19. Architekturbiennale von Venedig, die ab Sonnabend ein halbes Jahr lang zu besichtigen ist, will diesen Weckruf aussenden.

Unter dem Titel „Stresstest“ hat das Kuratorenteam mit Nicola Borgmann, Elisabeth Endres, Gabriele G. Kiefer und Daniele Santucci im leergeräumten Pavillon eine Rundum-Videoprojektion aufgebaut, auf der die anstehenden Hitze-Extreme an Beispielen bekannter Stadt-Plätze aufgezeigt werden, mit Wärmebildkameras, die die eben noch hübsch anzuschauenden Stadtansichten in grelles Rot-Gelb auflösen, als ob Marienplatz oder Römer in Flammen aufgingen.

18. Architekturbiennale in Venedig Die Zukunft war gestern

Die USA feien ihre Kultur der Veranda samt Schaukelstuhl in dutzendfachen Variationen; ob da die Trump’schen Vorgaben nach vorgeblicher Ideologiefreiheit bereits wirksam wurden? Verwaist liegt nahebei der israelische Pavillon, neuerdings durch eine Metallmanschette rundum geschützt.

Nicht in den Girardini repräsentiert sind die arabischen Staaten, die wie schon zuletzt mit bemerkenswerten Beträgen aufwarten, mit neuartigen Gewächshäusern in den Emiraten und einer Wiederbelebung traditioneller Lehmarchitektur in Saudi-Arabien – beide Beiträge von weiblichen Teams erarbeitet, auch das fast schon die Regel.

Die Schweiz brilliert einmal mehr mit ihrem ästhetischen Hochleistungs-Minimalismus: Ein temporärer Pavillon der Architektin Lisbeth Sachs aus dem Jahr 1958 wird dem realen Venedig-Pavillon des Architekten Bruno Giacometti von 1952 in grau-weißen Betonpaneelen eingeschrieben, zu der Gestalt gewordenen Frage „Was wäre, wenn?“ –Lisbeth Sachs den Schweizer Pavillon gebaut hätte?