Neue Zentralbibliothek für Berlin?: Der Koalitionsvertrag schweigt sich dazu aus

Der 134-seitige Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD ist oft erstaunlich detailliert, aber enthält auch viele Seiten „Wünsch Dir was“. Umso auffälliger ist eine laut dröhnende Lücke: Nichts ist darin zu lesen vom Neu- oder Erweiterungsbau für die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB). Dabei wird er seit mehr als einem halben Jahrhundert gefordert, wird er immer wieder von Senaten und Abgeordneten versprochen als das wichtigste Projekt der Berliner Bildungspolitik seit 1990.

International erleben öffentliche Bibliotheken einen Bauboom ohnegleichen, weil sich mit dem Internet ganz neue Bildungslandschaften entwickeln, weil hundertfach bewiesen wurde, wie wichtig sie für den Zusammenhalt der Gesellschaft sind.

Schnelle Digitalisierung wird versprochen

In diesem Koalitionsvertrag wird uns aber nur die schnelle Digitalisierung der Bibliotheksbestände versprochen, die längst läuft, und die „Optimierung“ des Bibliotheksverbunds mit Brandenburg, was immer das heißen soll.

Wir lesen von dem sicherlich wünschenswerten Bibliotheksgesetz – das stieß aber schon bisher auf den Widerstand der Bezirke, die ihre Bibliotheksetats gerne weiter als Verschiebemasse betrachten wollen. Der Neubau jedoch, ohne den alle diese Reformen Stückwerk bleiben, der fehlt.

Die Bauverwaltung torpediert das Projekt

Dabei ist alles geprüft und vorbereitet. Eigentlich sollte der Wettbewerb für die Erweiterung der AGB schon im vergangenen Jahr ausgeschrieben werden. Die von der SPD geführte Bauverwaltung unter Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeld aber torpediert das Projekt systematisch, bringt immer wieder den Umbau des Flughafengebäudes Tempelhof ins Gespräch.

Offenbar liest dort niemand die X-Studien, will keiner auf die Fachleute hören, die hier unkalkulierbare Kosten, Dysfunktionalität und für diese Breitenbildungs-Institution schlechte Verkehrsanbindungen kritisieren.

Sicher wird das Projekt teuer – Berlin hat diese Investition in die Breitenbildung immer wieder verschoben, das trägt zur Kostensteigerung bei. Sicher kann die gewaltige Baumasse debattiert werden, könnten andere, nach Funktionen gegliederte Bibliotheksmodelle wie etwa das von Helsinki für Berlin Pate sein.

Es gäbe viele Möglichkeiten, leere Kaufhäuser, sogar Tempelhof. Aber all das steht nun gar nicht mehr zur Debatte. Stattdessen wollen die Führungen von SPD, CDU, Finanz- und Bauverwaltung den so dringend notwendigen ZLB-Erweiterungs- oder Neubau offenbar zu Tode schweigen.

Nikolaus Bernau ist Architekturkritiker und beobachtet die städtische Baupolitik.