Kolumne zur Premier League: 145 Millionen Pfund für den Klassenerhalt
Das schwach in die Saison gestartete Nottingham Forest fuhr am vergangenen Wochenende den erst zweiten Saisonsieg ein. Der 1:0-Triumph gegen Jürgen Klopps FC Liverpool kam dabei einigermaßen überraschend. Taiwo Awoniyi, der in sechs Saisons an der Anfield Road keinen einzigen Einsatz im Profiteam hatte, tankte sich im Strafraum durch und versenkte einen Abpraller für die dringend benötigten drei Punkte des Teams von Steve Cooper. Awoniyi hatte nach seiner beeindruckenden 20-Tore-Saison beim 1. FC Union das Interesse von Forest geweckt und war dem Klub die festgeschriebenen 20 Millionen Euro Ablöse wert. Er war einer der ersten und wichtigsten Neuzugänge in Nottingham in einem Transfersommer, der alle Rekorde sprengte.
Bis Anfang September hatte der frühere Europapokalsieger der Landesmeister unglaubliche 23 Spieler verpflichtet – mehr als jeder andere Klub in der Geschichte der Premier League. Der Kader aus der Aufstiegssaison ist vielleicht das perfekte Beispiel für den Unterschied zwischen Championship und Premier League. Aufgrund der enormen Differenzen zwischen den Budgets setzt ein normaler Fußballverein eher auf ablösefreie oder Leihspieler – ganz anders als das in der höchsten Spielklasse der Fall ist.
Die durchschnittliche Vertragsdauer für Spieler ist auch deutlich kürzer, was dazu führt, dass es am Ende jeder Saison viel mehr Profis gibt, die auf dem Markt sind. Vor dem Aufstieg war Forest ein etablierter Zweitligist. Der Klub war sogar das Team mit der längsten Zugehörigkeit zur Championship, seit 2008 gab es weder Auf- noch Abstieg. Durch den plötzlichen Erfolg musste das Team nun aber komplett neu aufgestellt werden.
Aus der Mannschaft, der im Play-off-Finale im Mai in Wembley der Aufstieg gelang, ragten die vier ausgeliehenen Spieler James Garner, Djed Spence, Keinan Davis und Philip Zinckernagel heraus, die danach alle zu ihren ursprünglichen Klubs zurückkehrten. Forest trennte sich darüber hinaus von sieben Spielern, deren Verträge ausliefen und verkaufte zwei weitere. Noch einmal acht Profis wurden verliehen. So standen Anfang Juli nur elf Spieler im Profi-Team unter Vertrag. Allein deswegen blieb Forest gar keine andere Wahl, als auf den Sommer- Transfermarkt zu setzen, um zumindest nicht komplett chancenlos zu sein.
Von den 23 Neuzugängen kamen vier aus der Bundesliga: Omar Richards vom FC Bayern, Moussa Niakhaté aus Mainz, Orel Mangala vom VfB Stuttgart und der schon erwähnte Taiwo Awoniyi von Union. Am meisten Geld ausgegeben wurde für Morgan Gibbs-White aus Wolverhampton – den Cooper noch aus Englands U17-Weltmeisterteam von 2017 kannte – und Außenverteidiger Neco Williams, der in Liverpool im Schatten von Trent Alexander-Arnold keine Perspektive mehr hatte.
23
neue Spieler wurden von Nottingham Forest verpflichtet
Dazu wurden einige erfahrene Premier-League-Spieler mit kürzer datierten Verträgen ausgestattet. Jesse Lingard kam von Manchester United und erhielt einen Einjahresvertrag. Dessen Teamkollege Dean Henderson wurde ausgeliehen. Ende August hatten die Klubverantwortlichen, angeführt von Eigentümer Evangelos Marinakis, dem auch der griechische Verein Olympiakos Piräus gehört, Spieler im Wert von 145 Millionen Pfund verpflichtet.
Eine derart große Zahl von Neuzugängen mit ganz unterschiedlicher Herkunft (und von fünf verschiedenen Kontinenten!) zu einer Einheit zu formen, hat sich als ambitionierte Aufgabe für Steve Cooper und sein Team erwiesen. Und trotz des jüngsten Erfolgs über Liverpool ist Forest mit neun Punkten aus zwölf Spielen immer noch Letzter. Einige Positionen im Team sind überbesetzt, vor allem in der Außenverteidigung. Auch im Angriff gibt es eine ganze Reihe von Optionen. Dafür bereitet zum Beispiel die Innenverteidigung Sorgen, vor allem weil Nottingham ein Team ist, das eher auf Konter setzt.
So ist die große Frage, ob Forests wacklige Defensive einigermaßen halten wird und die Mannschaft in der Premier League bleiben kann. Zumindest scheint die Vereinsführung Trainer Cooper das zuzutrauen, dem Waliser wurde Anfang dieses Monats ein neuer Fünfjahresvertrag angeboten. Und Nottingham ist nicht das einzige Team, das im ersten Saisonabschnitt Probleme hatte. Wolverhampton und Leeds stehen punktgleich in der Abstiegszone, dazu beträgt der Abstand zwischen Platz zehn und 20 in der Liga gerade einmal fünf Punkte.
Das nächste Spiel bestreitet Forest beim Tabellenführer. Hinter Arsenal liegt eine enttäuschende Woche, erst gab es ein 1:1 in Southampton und dann eine 0:2-Niederlage gegen PSV Eindhoven in der Europa League. Das Ergebnis im Duell am Sonntagnachmittag wird die Richtung für beide Teams vorgeben.
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