Klangträume beim Konzerthausorchester: Mit Ravel und Berlioz im Opiumrausch
Wie es sein muss, sich in einem verzauberten Wald zu verirren, lässt sich am Freitagabend im Großen Saal des Konzerthauses nachempfinden. Mit Werken von Ravel und Berlioz entführen das Konzerthausorchester unter seinem Ersten Gastdirigenten Juraj Vačuhas und der Pianist Saleem Ashkar in fantastische Klangwelten.
Die Reise beginnt mit Ravels Klavierkonzert in G-Dur, das, ähnlich seiner Oper „L’enfant et les sortilèges“, ganz im Zeichen spielerischer Kindlichkeit steht. Die flirrenden Klaviertriolen, die es zusammen mit der Piccoloflöte einläuten, erinnern an das Rasseln der Feder einer Spieluhr; Peitschenknall und zirkusartige Trompetenfanfaren treffen auf jazzige Seitenthemen. Es scheint, als würde ein ganzer Spielzeugladen lebendig.
Dialog mit den Holzbläsern
Ashkar, der nahezu ununterbrochen spielt, meistert den haarsträubend schwierigen Klavierpart mit straffen Tempi. In seiner Auffassung klassizistisch, wird er sowohl der perkussiven Rhythmik als auch den schillernden Figuren gerecht. Allerdings bleibt im ersten Satz die Farbvielfalt gelegentlich auf der Strecke: Das getragene Seitenthema hätte zarter und der Blues mit mehr rubato ausmusiziert werden können. Im zweiten Satz dagegen gelingen Ashkar in kammermusikalischen Dialogen mit den Holzbläsern Augenblicke, in denen Zeit und Raum aufgehoben scheinen.
Mit der „Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz taucht das Publikum nach der Pause in die dunklen Seiten romantischer Schwärmerei ein. Berlioz, der in dem 1830 entstandenen Werk die Erfahrung unerfüllter Liebe verarbeitete, unterlegte die fünf Sätze mit einer bildhaften Inhaltsangabe, die ans Publikum verteilt wurde. Er gilt damit als ein Begründer der Programm-Musik. Seine Geliebte charakterisiert er durch eine Melodie, eine „idée fixe“, die das gesamte Stück in verschiedenster Gestalt durchzieht, von lieblich bis fratzenhaft.
Die Musiker:innen des Konzerthausorchesters laufen hier zur Hochform auf. Mit seidigem Streicherklang zeichnen sie die zwischen Resignation und Hoffnung schwankenden Stimmungsbilder nach und halten dabei den Spannungsbogen, was angesichts der ausufernden Länge der Sätze nicht einfach ist. Ins Albtraumhafte kippt die melancholische Stimmung in den letzten beiden Sätzen, die die Halluzinationen eines Opiumrauschs beschreiben.
Hier sorgen tiefe Holz- und Blechbläser mit „Dies Irae“-Zitaten für Gruseleffekte, die später Eingang in die Filmmusik gefunden haben. Der letzte Satz, „Traum einer Sabbatnacht“, wird sogar im Film „Der Feind in meinem Bett“ von 1991 verwendet, was die ungebrochene Wirkmacht der „Symphonie fantastique“ bezeugt.