Jetzt beginnt das Hickhack auf der kommunalen Ebene

Zerlegt sich die Documenta gerade selbst? Es sieht danach aus: Erst die antisemitischen Darstellungen auf einem Großplakat auf dem Friedrichsplatz, dann das auffällige Fehlen jüdischer Teilnehmer:innen, was genau der Strategie des BDS entspricht, der laut einer Resolution des Bundestages gerade kein Forum im öffentlichen Kulturbetrieb haben sollte. Und jetzt auch noch das Gezanke darum, ob die Documenta den Bund bei den offenkundig notwendigen Strukturreformen braucht – oder nicht.

Mit dem Einwurf von Oberbürgermeister Christian Geselle, Kassel könne auf die ideelle und finanzielle Unterstützung durch die Bundeskulturstiftung verzichten und deren 3,5 Millionen Euro selbst organisieren, ist die Auseinandersetzung um die Weltausstellung auf kommunalpolitischer Ebene angelangt.

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Das hat sie nicht verdient. Dafür sind die verhandelten Themen viel zu wichtig, wie nicht zuletzt der Skandal um das Taring-Padi-Plakat beweist.

Dem Globalen Süden eine Stimme zu verleihen, ging schief

Der Documenta fifteen ging es darum, dem Globalen Süden eine Stimme zu verleihen, Protagonisten anderer Kulturkreise zu Wort kommen zu lassen – auch wenn dies durch die Unaufmerksamkeit der begleitenden Organisation, der Documenta GmbH samt Generaldirektorin, gründlich schief gelaufen ist. Umso deutlicher wird, wie weit die Diskurse voneinander entfernt sind, wenn in Indonesien eine antisemitische Bildsprache salonfähig ist.

Es geht um mehr als die Beleidigtsein eines Stadtpolitikers, der sich durch die Kulturstaatsministerin vorgeführt fühlt, weil sie ihm wie einem Lausbuben das Taschengeld streichen will, wenn er seine Hausaufgaben nicht macht.

Der Anteil des Bundes am Gesamtetat fällt eher gering aus

Gewiss, der Bundesanteil des Bundes fällt eher gering aus im 42,2-Millionen-Etat, der mit jeweils 10,75 Millionen Euro von Stadt und Land getragen wird, die restlichen 17,2 Millionen Euro werden durch Eintrittsgelder, Drittmittel und sonstige Einnahmen eingespielt.

Und ja, die Documenta hat ihr Ansehen als international wichtigste Ausstellung zeitgenössischer Kunst nicht als Veranstaltung des Bundes erworben. Aber in einer Krise, wie sie die Kasseler Kunstschau gerade durchlebt, auf das Heimrecht zu pochen und keine Unterstützung anzunehmen, wirkt provinziell.

Der Ruf der Documenta ist beschädigt genug

Das ging bereits schief, als die Kulturstaatsministerin weit vor der Eröffnung mit dem ersten Antisemitismus-Verdacht ein begleitendes Gremium vorgeschlagen hatte und nicht angehört wurde. Der Ruf der Documenta ist beschädigt genug. Auf die Bühne politischer Reibereien wegen verletzter Eitelkeiten sollte sie sich nicht auch noch runterziehen lassen.