Handball-Turniere im Fernsehen: Der Markt der Sportrechte richtet sich nicht am Fan aus

Das Thema ist nicht neu, aber immer wieder aktuell: Welches Sportereignis gehört ins öffentlich-rechtliche Free-TV und welches nicht?

Handball hier, Handball dort

Zum Beispiel Handball. Die Handball-EM der Männer im kommenden Jahr läuft komplett nur bei Dyn. Der kostenpflichtige Internet-Sender zeigt nach eigenen Angaben alle 65 Spiele des Turniers, davon mindestens 31 Spiele exklusiv. Die Spiele der deutschen Nationalmannschaft sind ohne Zusatzkosten im Ersten und im Zweiten zu sehen, die sich die Rechte für die Heim-Europameisterschaft (10. bis 28. Januar 2024) schon vor mehreren Jahren gesichert hatten. ARD und ZDF zeigen zudem weitere Spiele ohne Beteiligung des DHB-Teams.

Anders die Situation bei der Handball-WM der Frauen, die an diesem Donnerstag startet. Alle Spiele, auch die des deutschen Teams, sind live und exklusiv nur gegen Bezahlung beim Online-Sender Sportdeutschland.TV zu sehen (112 Partien für 15 Euro). Das löst Ärger aus. „Ich erwarte schon, dass Länderspiele jeder deutschen Nationalmannschaft, egal ob Frauen oder Männer, im Free-TV ausgestrahlt werden“, sagte Emily Bölk der Deutschen Presse-Agentur vor dem ersten Gruppenduell (18.00 Uhr) im dänischen Herning. „Das hat ganz klar mit Wertschätzung zu tun.“ Aus Ungarn, wo die Co-Kapitänin seit dreieinhalb Jahren bei Ferencvaros Budapest spielt, sei sie diesbezüglich „etwas ganz anderes gewohnt“.

Wir haben keine Rechte

ZDF-Sportchef Yorck Paulus

DHB-Boss Andreas Michelmann nimmt vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender in die Pflicht. „Ich sehe die Vielfalt des Sports durch die sehr einseitige Berichterstattung von ARD und ZDF gefährdet. Bei der Fixierung auf den Fußball – sowohl bei den Männern als auch den Frauen – ist es höchste Eisenbahn darüber nachzudenken, die Berichterstattung am Erfolg der Mannschaften zu orientieren“, sagte der Präsident des Deutschen Handballbundes der dpa.

„Wir haben keine Rechte“, sagte ZDF-Sportchef Yorck Polus, der früher für seinen Sender viele Spiele kommentiert hat. Ähnlich klingt es bei ARD-Sport-Koordinator Axel Balkausky: „Die Live-Rechte an der Handball-WM der Frauen liegen bei Sportdeutschland.TV.“ Er kündigte an: „Die ARD hat aber Nachverwertungsrechte erworben und wird in Form von Highlights und Zusammenfassungen von diesem Ereignis in ihren Sendungen berichten.“

Die exklusiven Rechte hat der Internet-Sender Sportdeutschland.TV erworben und verlangt für alle 112 Partien 15 Euro. „Dass es kein Free-TV gibt, liegt nicht an uns, denn wir sind und waren zu jeder Zeit gesprächsbereit“, sagte Geschäftsführer Björn Beinhauer der dpa. „Leider sind die deutschen Free-TV-Sender aber nach wie vor nicht sehr flexibel oder ausreichend interessiert an diesem Event, sodass uns zu keiner Zeit ein konkretes Angebot eines Free-TV-Senders für eine Sublizenzierung vorlag.“ Neben ARD und ZDF gibt es zahlreiche Free-TV-Sender wie etwa RTL oder Sat.1.

Man kann an der Situation erkennen, dass die Verantwortung für den Rechteerwerb und deren Verwertung gerne hin und her geschoben wird. Zunächst hat sich die Zahl der Interessenten vermehrt, da möchte jeder ein Stück vom Kuchen. Wobei eine klare Rangliste erkennbar wird: Je attraktiver und damit teuer eine TV-Lizenz ist, desto stärker sind die Sender von ARD über RTL und ZDF im Bieterverfahren vorne.

Das gleicht der berühmten Rosinenpickerei. Sportereignisse und -rechte werden abgecheckt, ob sie aus der Quotenperspektive, respektive bei den Privaten aus dem Fokus der Refinanzierbarkeit lohnenswert sind. Dabei steht nicht der eigentliche Sport im Vordergrund, sondern die Kosten-Nutzen-Rechnung. Die Sender, auch ARD und ZDF, denken zuerst an ihren eigenen Erfolg.

Dieses Best-of gibt kommerziellen Anbietern wie Dyn oder Sportdeutschland.TV eine Chance. Sie nehmen, was sie kriegen können. Der Fan, wenn er nicht gerade Fußball-begeistert ist, ist in einer wenig erfreulichen Lage. Zwar gibt es kaum noch ein Sportereignis, das nicht im Bewegtbild übertragen wird, aber die Selektion der Sender und Plattformen zwingt ihn zur Suche und oftmals zur Bezahlung. Wie beim Handball, Männer und Frauen, zu erleben ist. (mit dpa)

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