„Haben Zeitnot“: Borussia Dortmund startet in die Mission Aufholjagd
Sebastian Kehl wirkte entspannt wie lange nicht. Der Stolz des Dortmunder Sportdirektors über die späten Transfercoups mit Angreifer Jadon Sancho und Außenverteidiger Ian Maatsen sowie die Verpflichtung von zwei prominenten Co-Trainern war unverkennbar. Die in der Winterpause umgesetzten Notfallmaßnahmen schüren beim 43-Jährigen die Hoffnung auf bessere Zeiten. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, sagte Kehl vor dem Restart der Bundesliga am Samstag (18.30 Uhr) beim Schlusslicht SV Darmstadt.
Nach bisher enttäuschendem Saisonverlauf mit zuletzt vier Bundesligaspielen ohne Sieg und dem Absturz auf Rang fünf stand der ehemalige BVB-Profi in der Winterpause unter besonderem Handlungsdruck. Die Rückkehr der ehemaligen BVB-Profis Nuri Sahin und Sven Bender als Assistenten von Chefcoach Edin Terzic sorgte für positive Resonanz. Spät, aber immerhin noch vor dem Jahresauftakt trafen Sancho aus Manchester und Maatsen aus London ein.
Nicht zuletzt deshalb schlug Kehl in einem Talk der „Ruhr Nachrichten“ und von Radio 91.2 ungewohnt forsche Töne an: „Es wäre fahrlässig, Borussia Dortmund schon abzuschreiben. Die Qualität der Mannschaft ist höher als das, was wir bisher abgeliefert haben. Der Januar kann unser Monat werden.“
Bei bereits sechs Punkten Rückstand auf Rang vier ist ein erfolgreicher Start in das neue Jahr Pflicht. Siege über Darmstadt, Köln und Bochum sollen der Beginn einer erfolgreichen Aufholjagd sein, wie sie auch im vergangenen Jahr gelang, als der BVB als Sechster in den zweiten Saisonabschnitt startete und am Ende fast Meister wurde.
Wenige Fortschritte bei den Testspielen
Nationalspieler Julian Brandt verwies im „Kicker“ auf die bedenkliche Ausgangslage: „Wir haben jetzt Zeitnot. Das Beste ist, wenn es sofort um Punkte geht, jeder weiß, dass es direkt umgesetzt werden muss und wir nicht sechs Wochen Zeit haben, damit irgendwann mal eine Flanke oder ein Tor oder ein Pass gelingt.“
Das kurze Trainingslager in Marbella erwies sich nur bedingt als Mutmacher. Immerhin kam die Arbeit von Offensivtrainer Sahin und Defensivcoach Bender beim Team gut an. „Ich halte von beiden sehr viel. Sie werden uns auf jeden Fall weiterhelfen“, befand Kapitän Emre Can. Doch bei den dürftigen Auftritten in den Testspielen gegen AZ Alkmaar (2:2) und Standard Lüttich (3:3) waren nur wenige Fortschritte erkennbar.
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Millionen Euro kostet das Leihgeschäft mit Jadon Sancho.
Schnelle Hilfe erwarten alle Beteiligten vor allem von Sancho, obwohl der 23-Jährige nach seinem Zerwürfnis mit United-Coach Erik ten Haag seit August kein Pflichtspiel mehr bestritt. Kehl ist zuversichtlich, dass sich das bis Saisonende datierte und knapp vier Millionen Euro teure Leihgeschäft dennoch bezahlt macht. „Man sieht das Feuer in seinen Augen, die Freude, die Begeisterung. Er bekommt die Chance, wieder auf die Stufe zurückzukehren, auf die er gehört. Er ist einer der besten Fußballspieler, die wir hier hatten und ein absoluter Gewinn für die Mannschaft.“
Mit einem ähnlich positiven Gefühl geht Terzic die Integration der beiden Neuzugänge an. „Wir hoffen, dass sie sofort ein wichtiger Faktor für uns sind“, sagte der 41-Jährige am Freitag. Ob Sancho und Maatsen schon in Darmstadt zum Aufgebot gehören, ließ der Coach offen. Größere Chancen auf einen ersten Einsatz scheint Außenverteidiger Maatsen zu haben: „Er ist ein Ticken weiter als Jadon, weil er kurz vor Weihnachten noch Einsätze bei Chelsea hatte.“
Dass bei beiden Leihspielern keine Kaufoption vorgesehen ist und sie den BVB am Saisonende wohl wieder verlassen werden, kann die Vorfreude bei Terzic nicht trüben: „Im Leben eines Trainers sind sechs Monate zu planen schon langfristig. Es geht darum, die Gegenwart mit Leben zu füllen.“
Der Dortmunder Coach hofft, dass beide Profis zu einer schnellen Trendwende beitragen. „Wir können es kaum abwarten, wieder daran arbeiten zu können, unsere Situation in der Bundesliga zu verbessern. Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir es können“, sagte Terzic: „Nun müssen wir leider noch mal beweisen. Das hätten wir uns gern erspart.“