Glitzerten da Tränen in den Augen?: Peter Kloeppels emotionaler Abschied von „RTL Aktuell“
Man darf feststellen, dass Peter Kloeppel Aufregung um seine Person nicht mag. Aber jetzt muss sie sein, denn der Journalist hat am Freitag zum letzten „RTL aktuell“ moderiert, gemeinsam mit Ulrike von der Groeben. Sein Adieu nach Berichten über Kamala Harris, Wahlkampf in Brandenburg und Vulkanausbruch auf Island war voller Dankbarkeit gegenüber dem Publikum: „Ohne Sie wäre das hier nicht möglich, daher verneigen wir uns vor Ihnen.“ Glitzerten da Tränen in den Augen? Einen Wunsch hatte der 65-Jährige auch noch parat: „Bleiben Sie immer informiert.“
Start 1985 bei RTLplus
Mit Peter Kloeppel geht der dienstälteste Anchorman im deutschen Nachrichtenfernsehen, seit 1992 hat er die Hauptnachrichten im erfolgreichsten deutschen Privatprogramm moderiert. Was 1985 im Bonner Studio von RTLplus begann, hat er nach einer Korrespondenz in den USA und mit der Übernahme der Moderation von Hans Meiser zu einer Institution ausgebaut: Chefmoderator Peter Kloeppel.
Als der gebürtige Frankfurter in die RTL-Nachrichtenstrecke einstieg, hatte er die 30 nur knapp überschritten. Jung war das Gesicht, Härten des Lebens oder des Berufes hatten sich noch nicht abgezeichnet. „Tagesthemen“-Sprecher Hanns Joachim Friedrichs bemerkte, RTL überlege, den jungen RTL-Kollegen älter zu schminken.
Was nicht passierte. Dass die Seriosität eines Anchorman zweifelsfrei mit seiner Seniorität zusammenhängt, wurde weder zur Denke von Kloeppel noch von RTL. Warum auch? Der Privatsender zielte auf das Publikum der 14- bis 49-Jährigen, da passte ein Mittdreißiger doch bestens auf den Bildschirm.
Und Peter Kloeppel passte. Nicht, weil er sich „RTL Aktuell“ passend machte, sondern das Amalgam aus Auftrag und Auftragnehmer suchte. Zwar waren und sind die RTL-Nachrichten um 18.45 Uhr in ihren Themen weiter, auch mal leichter gefasst, anders gefiltert und gewichtet als „heute“ um 19 Uhr und die „Tagesschau“ um 20 Uhr, doch allemal galt in der Peter-Kloeppel-Ära dieses Diktum: Nicht das Sensations-, sondern das Informationsinteresse der Zuschauerinnen und Zuschauer muss bedient werden.
Mit relevanten, überprüften Fakten, mit Korrespondenten-Schalten, mit Film, Ton, Grafik – und präsentiert von einem Moderator, der die Nachrichten, das Wichtigste des Tages wie ein Ankermann fest- und zusammenhält, klammert und rahmt. Kloeppel zeigte sich als neutraler, präziser Beobachter und nicht als einer, der Haltungsnoten vergeben wollte. Er stand und steht für einen Journalismus, der sagt, was ist.
Der Moderator ist der Überbringer, der Vermittler der Nachrichtenbotschaft. Versagt er darin, beschädigt er die Information und es tritt ein, was den Tod einer Nachrichtensendung bedeuten kann, weil die Glaubwürdigkeit leidet, weil das Publikum das Vertrauen in die entscheidende Währung des Newsbusiness verliert.
Peter Kloeppel und mit ihm seine Studiokollegin für den Sport, Ulrike von der Groeben, sind dieser Gefahr nicht ausgewichen – sie haben sie gar nicht erst aufkommen lassen. Im Verbund mit dem RTL-Nachrichtenteam wurden die Fakten mit professioneller Kompetenz gecheckt und geprüft. Fernsehen als Wirklichkeitsgenerator und nicht als Illusionsmaschine. Also mischen sich unangenehme Wahrheiten mit angenehmem, immer nach Maßgabe erkannter Bedeutung und notwendiger Einordnung.
Und dann, um 18.45 Uhr, kam Peter Kloeppel ins Spiel. Meist sitzend hinter dem Schreibtisch, aber in jüngerer Zeit auch stehend im Studio, gerne ein Bündel Papier in der Hand, nahm er die Zuschauer und die Informationen fest und zugleich in den Blick. Dem Tagesspiegel sagte er, er wollte in seiner Publikumsansprache immer cool bleiben, aber nicht kalt wirken.
Durch das positive Fehlen an panischem Potenzial schob der Vorzeigejournalist immer eine schmale Distanz zwischen seiner unverstellten, verständlichen Moderation und dem Informationsgehalt derselben. Und ließ in der 20-minütigen Zusammenfassung Zwischentöne in einer komplizierter werdenden Welt zu, statt der Schwarz-Weiß-Malerei zu huldigen. „Die Informationen sind das Zentrum dieser Sendung, nicht die Person, die sie präsentiert“, fixierte er seine Rolle. Wie immer mit sonorer Stimme.
Was über Jahrzehnte und Jahre ausgespielt wurde, war eine außerordentliche Lebensleistung, ein Marathonlauf (des früheren Marathonläufers). Peter Kloeppel wurde das seriöse Gesicht des Privatsenders RTL. Und wer erinnert sich nicht an den 11. September 2001, als Kloeppel die RTL-Berichterstattung über die Terrorangriffe in New York siebeneinhalb Stunden durch moderierte?
Mal ein Quiz, mal eine Reportage, wegen fehlenden „Dompteur-Gens“ kein Talk – Peter Kloeppel wusste, was er konnte und was er wollte: die RTL-Hauptnachrichten mit Würze und Würde ins RTL-Publikum vermitteln, darin möglichst der Beste und im Wohnzimmer ein gern gesehener Gast zu sein.
Peter Kloeppel und Ulrike von der Groeben haben sich um das deutsche Privatfernsehen verdient gemacht.
So ganz und gar verlässt Peter Kloeppel RTL auch nach 39 Dienstjahren nicht. Am 5. November, dem Tag der US-Präsidentenwahl, wird der 65-Jährige im Kölner Studio sitzen, das „Durchleuchtet“-Format weiter bestellen und im Streamingdienst RTL+ das Kurzformat „RTL Aktuell in 90 Sekunden“ anschieben. Aber beim Abschied von „RTL Aktuell“ wird es bleiben: „Ist dann auch mal gut.“ Weil es gut, sehr gut war.