Gaza-Solidarität bei Festivals: Die Free-Palestine-Rufe von der Bühne verkommen zur Folklore

Der nigerianische Musiker Seun Kuti hatte kürzlich auf einem Festival in Zagreb einen „Rat an die jungen Menschen in Europa“. Während ihm der Gitarrist und der Schlagzeuger seiner Band Egypt 80 ein freundliches Soundbett bereiteten, sagte der Saxofonist, Sänger und Sohn des Afrobeat-Pioniers Fela Kuti: „Ich weiß, ihr wollt Palästina befreien, ihr wollt den Kongo befreien, ihr wollt den Sudan befreien, ihr wollt den Iran befreien. Jede Woche etwas Neues. Aber befreit Europa.“

Es gelte den Kontinent vom Rechtsextremismus, Faschismus, Rassismus und Imperialismus zu befreien, fuhr er fort. Sobald dieser Job erledigt sei, wären auch Gaza, der Kongo und der Sudan frei.

Vielleicht hat diese Ansage dem einen oder der anderen im Publikum oder auf Social Media zu denken gegeben. Einer Stimme aus dem sogenannten globalen Süden, aus einem einst kolonialisierten Land ist zuzutrauen, dass sie junge Musikfans dazu bringt, ihre derzeit auf Festivals performte Palästina-Solidarität infrage zu stellen.

Denn das ist es inzwischen geworden: eine habituelle Selbstinszenierung, bei der die Palästina-Flagge zum Fan-Accessoire und die Free-Palestine-Rufe von der Bühne zur Folklore verkommen.

Musiker*innen haben selbstredend dennoch Möglichkeiten, ihre Reichweite auf Festivals zu nutzen. So können sie auf Organisationen hinweisen, an die ihre Fans spenden können oder ihnen raten, Druck auf ihre politischen Vertreter*innen auszuüben. Oder die Dinge zu tun, zu denen Seun Kuti aufruft. Das sieht auf Instagram natürlich nicht ganz so schick aus.