Fredrik Björkan ist Herthas neuer Linksverteidiger mit Perspektive

Das kleine Video, überschaubare 22 Sekunden lang, ist in seiner finalen Fassung ein bisschen wild geworden. Es zeigt die eindringlichsten Szenen von Fredrik Björkan bei seinem Pflichtspieldebüt für Hertha BSC. Es zeigt ihn, wie er dem französischen Weltmeister Benjamin Pavard mit einem beherzten Sprint an der Seitenlinie enteilt – und bricht plötzlich mit einem brutalen Schnitt ab, als er doch noch vom Verteidiger des FC Bayern München gestellt wird. Es zeigt Björkan Auge in Auge mit zwei Bayern-Spielern – aber es zeigt nicht, wer dieses Duell gewinnt. Und es zeigt ihn mit dem Ball zum Einwurf in der Hand – nicht aber den Einwurf selbst.

Herthas Social-Media-Abteilung ist also im Grunde der perfekte Film zu Björkans Einstand in der Fußball-Bundesliga gelungen. Er zeigt, dass Ansätze vorhanden sind. Tayfun Korkut, Herthas Trainer, sagt, dass man seine Stärken „schon so gespürt“ habe. Irgendwann sollen dann aus Gefühlen auch Fakten werden.

„Björkan wird eine Verstärkung, wenn er sich an die Bundesliga gewöhnt hat“, prophezeit Korkut. „Aber es wäre vermessen zu sagen, er muss übernächste Woche top funktionieren. Wir sollten ein Stück weit gelassen und ruhig an die Sache herangehen. Er wird uns helfen. Zur richtigen Zeit.“

Anfang Dezember hat Hertha Björkan ablösefrei von FK Bodö/Glimt verpflichtet. Seit dem 1. Januar ist er offiziell Berliner und seit Sonntag offiziell Bundesligaspieler. Bei der happigen 1:4-Niederlage gegen den FC Überbayern wurde er für etwas mehr als die letzte halbe Stunde eingewechselt. In dieser Zeit bestätigte der 23-Jährige eigentlich genau das, was vorab von ihm bekannt war: dass er schnell ist, dass er – obwohl Außenverteidiger – am liebsten im Angriff unterwegs ist.

„Ich will offensiv sein, Chancen kreieren. Ich laufe viel und mit hoher Intensität“, sagt Björkan am Mittwoch in einer kleinen Medienrunde. Seine Vorstellung hat sich um einige Wochen verschoben, weil der Norweger nach seiner Ankunft in Berlin zunächst nur individuell trainieren konnte und dann wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne musste. Aber Björkan scheint nicht der Typ zu sein, der sich davon aus der Bahn werfen lässt. Nice, great und amazing sei es für ihn in Berlin, und dass es für Hertha derzeit in der Liga noch nicht so richtig gut laufe, das lasse sich ja ändern. Er jedenfalls sei „extrem motiviert“, dies zu tun.

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Björkan, der vor seinem Wechsel nach Berlin mit Bodö/Glimt zum zweiten Mal hintereinander den Meistertitel in Norwegen gewonnen hat, ist für Hertha ein Spieler mit Sternzeichen Zukunft. Deshalb passt er perfekt in die derzeitige Personalpolitik des Klubs, die vor allem von Sportgeschäftsführer Fredi Bobic verantwortet wird – und der man mit dem Blick von außen eine gewisse Rätselhaftigkeit nicht absprechen kann.

Denn während einige Positionen, vor allem in der Offensive, sehr spärlich besetzt sind, hat Hertha aktuell fünf Torhüter unter Vertrag, seit der Verpflichtung des Stuttgarters Marc Oliver Kempf zu Beginn dieser Woche sechs Innenverteidiger und mit Björkan nun gleich drei linke Außenverteidiger. Zuletzt hat sich Maximilian Mittelstädt auf dieser Position festgespielt. Er mache es gut, sagt Korkut, aber auch Marvin Plattenhardt lasse sich im Training nicht hängen. Beide sind noch bis zu Ende der kommenden Saison vertraglich an Hertha gebunden.

Björkans Verpflichtung ist ein Vorgriff auf die Zukunft

Björkans Verpflichtung ist daher ein, wie man so schön sagt, Vorgriff auf die Zukunft, eine präventive Reaktion gewissermaßen auf das, was erst noch passieren könnte. Möglicherweise spekuliert Hertha bei Plattenhardt, gerade 30 geworden und mutmaßlich noch mit einem üppig dotierten Vertrag aus vorpandemischen Zeiten ausgestattet, auf einen Weggang. Seine Einsatzperspektive jedenfalls dürfte sich nach dem Transfer Björkans eher nicht verbessert haben. Bei Niklas Stark, einem der sechs Innenverteidiger, dürfte es ähnlich sein. Sein Vertrag läuft sogar schon nach dieser Saison aus.

Björkan, der schon zweimal für die norwegische Nationalmannschaft gespielt hat, ist bis 2026 an Hertha gebunden. „Er ist ein Tempo-Spieler, sehr mutig und mit sehr dynamischen Bewegungen“, sagt Trainer Korkut. „Genau deswegen ist er von unserer Scoutingabteilung ausgesucht worden – weil wir so ein Profil innerhalb des Kaders nicht haben.“ Fleißig und diszipliniert sei er noch dazu, ein typischer Nordeuropäer eben. Und die Schüchternheit der ersten Tage in neuer Umgebung, die werde Fredrik Björkan ganz sicher auch bald ablegen. Tayfun Korkut sagt: „Ich glaube, das wird gut.“