Erste Medaille seit 2005: Deutsche Basketballer holen in Berlin EM-Bronze
Dennis Schröder hatte soeben den wohl vorentscheidenden Dreier versenkt und lief ein paar Schritte in Richtung Seitenlinie. Dort in der ersten Reihe hat er bei den eigenen Spielen stets seine Familie platziert, doch dieses Mal war er nicht auf dem Weg zu Frau und Kindern. Sondern zu Robin Benzing. Schröders Vorgänger als Kapitän der Nationalmannschaft war kurz vor Turnierbeginn unter einigen Nebengeräuschen aus dem Kader gestrichen worden und saß nun in einer DBB-Collegejacke direkt neben dessen Familie. Benzing erhob sich, Schröder lächelte und klatschte ab. Besser kann man den Teamgeist der deutschen Basketballer in diesem Sommer vermutlich nicht illustrieren.
Wenige Minuten später war es geschafft. Vor 12.913 Zuschauern in der Berliner MB Arena gewann die DBB-Auswahl das Spiel um Platz drei der Europameisterschaft 82:69 (19:14, 17:9, 18:26, 28:20) gegen Polen und sicherte sich Bronze. Es ist die erste Medaille seit 2005, als Dirk Nowitzki das Team bei der EM zu Silber warf.
„Bei der Heim-EM mit so einer Atmosphäre so erfolgreich abzuschneiden, ist ein Traum. Dafür spielen wir in der Nationalmannschaft“, sagte Johannes Voigtmann. „Wir werden noch etwas brauchen, bis wir realisieren, was die letzten zwei Wochen passiert ist.“
Trotz der großen Bedeutung des Spiels und aller Beteuerungen der Beteiligten, dass es für sie keinesfalls das Duell um die goldene Ananas sei, fehlte das Feuer der vergangenen Tage über weite Strecken. Die Ränge waren nicht ganz voll, was bei Preisen der noch verfügbaren Tickets von mindestens 270 Euro durchaus erklärbar war. Doch das war nicht der Grund für die überschaubare Intensität auf dem Feld und auf den Tribünen. Nach zweieinhalb Wochen EM und zuletzt zwei Basketballfesten gegen Griechenland und Spanien schien es, als sehnten Spieler und Fans langsam das Ende des Turniers herbei. „Beide Teams waren etwas nervös und es war heute richtig schwer, die Energie zu bringen“, sagte Johannes Thiemann.
Das Niveau war deutlich niedriger als im Halbfinale, das deutsche Team hatte das Spiel aber weitgehend unter Kontrolle. Zwar agierten die Polen offensiv nicht ganz so hilflos wie am Freitag gegen Frankreich, als sie zur Halbzeit erst 18 Punkte auf dem Konto hatte, viel besser war es allerdings auch am Sonntag nicht. Wie diese Mannschaft im Viertelfinale Titelverteidiger Slowenien ausschalten konnte, wird wohl für immer ein Mysterium bleiben.
Die Gastgeber starteten ordentlich und Andreas Obst krönte sich mit zwei schnellen Treffern aus der Distanz zum Dreierkönig dieses Turniers. Dazu kamen die Big Men Johannes Voigtmann und Daniel Theis, die gegen Spanien wenig beziehungsweise sehr unglücklich agiert hatten, schnell ins Spiel. Deutschlands zwei beste Individualisten, Dennis Schröder und Franz Wagner, begannen hingegen deutlich weniger auffällig als zuletzt.
Gegen Spanien war der deutsche Kapitän noch scheinbar mühelos immer wieder zum Korb gezogen, das gelang ihm dieses Mal nicht und vier Ballverluste früh im Spiel deuteten darauf hin, dass die Konzentration vielleicht doch nicht bei 100 Prozent war. Im Spielverlauf steigerte sich Schröder enorm und war am Ende mit 26 Punkten einmal mehr Topscorer.
Der kleine Vorsprung, den sich die DBB-Auswahl im ersten Viertel erarbeitet hatte, schmolz anschließend schnell zusammen. In den ersten fünf Minuten des zweiten Abschnitts gelangen den Deutschen nur zwei Punkte. Vor allem die Bankspieler, die im bisherigen Turnier eine große Stärke gewesen waren, schafften es kaum, Einfluss auf das Geschehen zu nehmen.
So dauerte es, bis nach einer Auszeit die Starting Five wieder aufs Feld kam, bis die Gastgeber wieder in einen Rhythmus kamen. Mit einem 13:0-Lauf konterten sie dafür umso wirkungsvoller. Kurz vor der Halbzeit sorgte Voigtmann mit einem einhändigen Quarterback-Pass über das ganze Feld zu Schröder für eines der Highlights und weil die Polen erneut eine miserable offensive Ausbeute vorzuweisen hatten, gingen die Gastgeber mit einer 36:23-Führung in die Pause.
Mehr Sicherheit verlieh diese der deutschen Nationalmannschaft allerdings nicht. Der Start in die zweite Hälfte war ebenfalls sehr durchwachsen und der Außenseiter schöpfte Hoffnung. Nach einem Dreier von A.J. Slaughter waren die Polen wieder bis auf sechs Punkte dran und die Deutschen offensichtlich genervt – vom eigenen Spiel und den Schiedsrichtern. Schröder holte sich wegen Meckerns ein Technisches Foul ab.
Dass das knapper werdende Ergebnis die Zuschauer belebte, tat auch den deutschen Basketballern gut. Theis erackerte sich mit einem Offensivrebound zwei Punkte, Franz Wagner versenkte einen seiner beeindruckenden Step-Back-Dreier und schon war der Vorsprung wieder zweistellig.
Souverän war es aber weiter nicht, was das DBB-Team zeigte, und siebeneinhalb Minuten vor Schluss hatten die Polen das Spiel tatsächlich wieder ausgeglichen. Bundestrainer Gordon Herbert nahm eine Auszeit und im folgenden Angriff gelangen Johannes Thiemann mit einem wichtigen Dreier seine ersten Punkte.
Es wurde nun doch noch ein unterhaltsamer Schlagabtausch. Voigtmann warf zwei Mal erfolgreich aus der Distanz, auf der anderen Seite war Jakub Garbacz extrem treffsicher. Mit acht Punkten in Folge brachte Schröder das deutsche Team dann wieder deutlicher in Führung. „Dennis hat am Ende übernommen, das war unglaublich gut“, sagte Niels Giffey. Mit dieser Meinung war der Berliner nicht allein: Schröder wurde ins All-Star-Team der EM gewählt.
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