Eine Nationalmannschaft und die Suche nach Anerkennung
Igor Larionow sagte Worte, von denen er in seinen aktiven Zeiten nicht geträumt haben wird. Nicht mal im schlimmsten Albtraum. Nach der 3:4-Niederlage seiner russischen Auswahl am Donnerstag in Krefeld lobte der einstige Eishockeysuperstar den Gegner für seine Verhältnisse fast schon überschwänglich. Die Deutschen seien stark, routiniert und gut organisiert, sagte Russlands Trainer. Und dieses internationale Niveau sei eben etwas anderes, seine Spieler hätten viel gelernt. Von den Deutschen.
Sicher, dieser Erfolg der Mannschaft von Toni Söderholm lässt sich relativieren. Ohne Frage standen sich beim ersten Spiel seiner Mannschaft beim Deutschland Cup zwei bessere Reserveteams gegenüber, da fehlten nicht nur die Stars aus Übersee, sondern noch viel mehr gute Spieler auf beiden Seiten. Der Sieg des Weltranglistenfünften gegen den Dritten lässt sich also mühelos runterreden – zumal es ja auch nicht mehr als ein Testspiel auf dem Weg zu den Olympischen Spielen 2022 war.
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Allerdings, und da braucht man gar nicht so lange zurückzuschauen, hätte Deutschland B gegen Russland C aus einem frühen 0:2-Rückstand niemals einen 4:3-Sieg gemacht. Die Entwicklung der deutschen Spieler insgesamt ist erstaunlich und wird durch die Auftritte eines Leon Draisaitl oder Moritz Seider in der NHL nur belegt. Spieler von dieser Qualität haben viele andere Nationen nicht.
Erstaunlicher ist allerdings, dass dieser Aufschwung in Eishockey-Deutschland auch in Eishockey-Deutschland kaum gewürdigt wird. 1560 Zuschauende waren am Donnerstag beim Spiel in Krefeld, ein Spiel Krefeld Pinguine gegen Bietigheim Steelers hätte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Kassenhäuschen wesentlich mehr gefordert. Das Desinteresse der Eishockeyfans am Nationalteam ist irritierend, zumal früher beim Deutschland Cup schlechtere Teams in schlechten Spielen vor weit mehr Fans auflaufen durften. Erfolg allein bringt noch nicht mehr Aufmerksamkeit, auch wenn beim deutschen Team die Hoffnung mitspielt, dass es bei den Spielen in Peking dann wieder etwas Großes herauskommt – was keinesfalls unmöglich ist.
Aber wahrscheinlich würde auch eine weitere olympische Medaille keinen Erdrutsch in Sachen Popularität verursachen, zumal die Übertragungen wieder in der Nacht nach Europa flimmern werden. Und warum sollten sich auch Menschen über die Eishockeyszene hinaus für ein Nationalteam interessieren, das selbst in der Szene eher wenig interessiert. In diesem Punkt ist das deutsche Eishockey weit hinten dran, im deutschen Handball etwa wäre derlei Wegschauen wie das von Krefeld undenkbar.
Da ist der Deutsche Eishockey-Bund, dieser wie eh und je nach außen wenig homogen wirkende Verband, gefragt: Lustige Servicetweets wie nach dem Spiel gegen die Russen mit dem Hinweis, dass es noch Tickets für die Partie am Samstag gegen die Schweiz gibt, wirken kläglich. Da muss mehr in Sachen Imagewerbung kommen.