Dirigent Stefan Soltész nach Zusammenbruch gestorben
Der Dirigent Stefan Soltész ist während einer Vorstellung im Münchner Nationaltheater zusammengebrochen und anschließend gestorben. Mit Entsetzen und großer Trauer gebe die Bayerische Staatsoper den Tod des 73-Jährigen bekannt, hieße es aus dem Haus. Der Vorfall ereignete sich am Freitagabend vor fast ausverkauftem Haus, während Soltész die Oper „Die schweigsame Frau“ von Richard Strauss dirigierte.
„Kurz vor Ende des 1. Aktes ist Herr Soltész im Graben zusammengebrochen“, schilderte Sprecher Michael Wuerges die dramatischen Szenen. „Er wurde dann sofort von Zuschauern und dem Theaterarzt versorgt.“ Zur Todesursache des gebürtigen Ungarn wollte der Sprecher keine Angaben machen.
Der Saal, in dem fast 2000 Menschen saßen, sei geräumt worden. „Und nach der Pause wurde letztendlich die Vorstellung abgebrochen.“ Das sei etwa gegen 20.20 Uhr gewesen, die Vorstellung hatte um 19.05 Uhr begonnen.
Auch in den sozialen Medien berichteten Opernbesucher:innen, Soltész sei offenbar zu Boden gestürzt. Es habe einen lauten Knall gegeben, und es sei nach einem Arzt gerufen wurden.
“Die Nachricht über den Zusammenbruch und das Ableben von Stefan Soltész macht mich zutiefst traurig“, sagte Intendant Serge Dorny. „Wir verlieren einen begnadeten Dirigenten. Ich verliere einen guten Freund. Meine Gedanken sind bei seiner Frau Michaela,“ schrieb Dorny auch auf Twitter.
Der in Ungarn geborene Soltesz studierte den Angaben zufolge Dirigieren, Komposition und Klavier an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Nach Stationen als Dirigent in Wien und Graz und als musikalischer Assistent von Karl Böhm, Christoph von Dohnányi und Herbert von Karajan bei den Salzburger Festspielen sei er Dirigent der Staatsoper Hamburg, der Deutschen Oper Berlin sowie Generalmusikdirektor am Staatstheater Braunschweig gewesen.
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Von 1992 bis 1997 war Soltesz Chefdirigent der Flämischen Oper in Antwerpen/Gent, von 1997 bis 2013 Generalmusikdirektor der Essener Philharmoniker und Intendant des Aalto-Musiktheaters, wie die Bayerische Staatsoper weiter mitteilte. Außerdem seien viele Gastdirigate hinzugekommen.
Die Verantwortlichen der Staatsoper hatten auch über eine Würdigung des Musikers. Zunächst hatte das Bayerische Staatsorchester bei einer Probe am Samstag eine Gedenkminute eingelegt, die nächsten beiden Vorstellungen, “Capriccio” und “Der Rosenkavalier” werden ihm gewidmet.
Die Deutsche Oper Berlin und andere große Häuser würdigen Soltész
“Wenn große Künstler sterben, geht manchmal nicht nur ein Leben, sondern auch eine Ära unwiderruflich zu Ende“, schreibt die Deutsche Oper Berlin zu Soltész’ Tod, der einen solchen Punkt markiere. Der 73-Jährige sei der wohl letzte Repräsentant der österreichisch-ungarischen Kapellmeistertradition gewesen, die den Dirigentenberuf im 20. Jahrhundert nachhaltig geprägt habe. Er habe für alle Werke stilsicher den richtigen Ton gefunden.
Soltész’ Dirigat galt als mitreißend, schneller Ruhm interessierte ihn nicht. Die Bayerische Staatsoper würdigt den Ausnahmemusiker als „Handwerker an der Spitze eines Orchesters, eine Garantie für Respekt“ – für de Komponisten, aber auch für die Musikerinnen und Musiker des Orchesters und die Sängerinnen und Sänger auf der Bühne. „Er war ein außergewöhnlich feinfühliger Dirigent, der die Partituren kristallklar machte und das Intime der Musik zu würdigen wusste.“ Dies habe ihm den Respekt aller Musiker der von ihm geleiteten Orchester eingebracht.
„Wir verlieren einen Dirigenten, dem wir unzählige musikalische Sternstunden zu verdanken haben“, kommentiert die Generalintendantin am Staatstheater Braunschweig, Dagmar Schlingmann. “Ein wahrer Meister“, so der Generalmusikdirektor des Staatsorchesters Braunschweig, Srba Dinic.
Merle Fahrholz, ab der kommenden Spielzeitan Intendantin des Aalto-Musiktheaters und der Essener Philharmoniker, sagt: „Das hohe Niveau, mit dem das Orchester regelmäßig unser Publikum begeistert, geht nicht zuletzt auf das langjährige Wirken meines Vorvorgängers zurück.“
Giuseppe Sinopoli starb nach einem “Aida”-Dirigat an der Deutschen Oper Berlin
Berliner Opern-Besucher erinnern sich an einen ähnlich tragischen Vorfall vor über 20 Jahren in der Deutschen Oper an der Bismarckstraße. Giuseppe Sinopoli, 54 Jahre alt, dirigierte am 20. April 2001 Verdis Oper “Aida”. Während der Vorstellung, die er mit einer Widmung im Programmheft als Versöhnungsgeste nach jahrelangem Streit mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Intendanten Götz Friedrich verstanden wissen wollte, erlitt er einen Herzinfarkt. Kurz darauf starb er im Krankenhaus.
Wie kräftezehrend der Beruf des Dirigenten mitunter ist, wurde auch deutlich, als am 13. April dieses Jahres Daniel Barenboim ein Konzert der Oster-Festtage an der Berliner Staatsoper in der Pause wegen Kreislaufproblemen abbrechen musste. Die Klassikwelt war in großer Sorge. Im Juni hieß es seitens der Ärzte dann, die Therapie schlage gut an, man gehe von einer “umfänglichen Genesung” aus. Es geht ihm offenbar wieder gut: Am 1. und 5. August dirigiert Barenboim das West Eastern Divan Orchestra in Köln, am 13. August im Berliner Pierre Boulez Saal. (dpa/Tsp)