Die Eishockey-WM der U-20-Junioren wird zur Farce

Die erste Sensation bei der U-20-Weltmeisterschaft im Eishockey gab es am späten Dienstagabend. Weltmeister USA unterlag der Schweiz 0:1. Den Schweizern gelang allerdings kein viel umjubelter Shutout gegen die Übermacht USA, die Amerikaner mussten aufgrund von Corona-Fällen im Team und daher vorgeschriebener Quarantäne zurückziehen und für diesen Fall sieht das Turnier-Regelwerk des Eishockey-Weltverbandes IIHF eine Wertung zugunsten des gesunden Teams vor.

Es ist nicht der einzige Irrsinn rund um das Turnier von Edmonton, das ganz offensichtlich die Machtstrukturen im Welteishockey offenlegt. Die National Hockey-League (NHL) regiert, der Rest duckt sich ab vor der strukturell und finanziell haushoch überlegenen Großmacht aus den USA und Kanada. Die aktuelle Junioren-WM muss durchgeprügelt werden – weil sie eine Nachwuchsleistungsschau für die Scouts und Klubs der NHL ist. Die casten hier ihre kommenden Stars.

Mag die Welt auch durch das Virus wanken, der Weltverband steht der mächtigsten Eishockeyliga der Welt nicht im Wege: In Kanada wird gespielt, andere Turniere der IIHF um die Jahreswende wurden dagegen abgesagt – darunter auch zum zweiten Mal die U-18-WM der Juniorinnen. Die jungen Frauen haben kaum eine Lobby und interessieren die NHL nicht.

Die NHL ist nicht nur Segen sondern Fluch

Der Weltverband schluckt eben jede Kröte von der NHL. Zuletzt war es die, dass die Liga für die Olympischen Spiele in Peking im Februar nicht pausieren wird und damit keine NHL-Profis an den Spielen teilnehmen werden. Dafür gibt es dann ein paar NHL-Krümel im Mai. Bei der WM in Finnland werden NHL-Spieler mitmischen, natürlich nicht alle und nicht alle der Besten, weil in der größten Liga der Welt laufen dann ja die Play-offs. Das ist aber in Nordamerika egal, denn dort interessiert eine U-20-WM mehr als eine WM der Männer. In anderen Sportarten ist so etwas undenkbar, aber es ist nun mal so, dass die NHL nicht nur Segen sondern mehr Fluch für das europäischen Eishockey ist.

Nach dem Fußball und dem Basketball ist Eishockey in Europa die Mannschaftssportart, die jungen Männern bei einem Engagement in der sportlich besten Liga der Welt die Chance auf das große Geld bietet. Allerdings haben die Ligen in Europa nur bedingt etwas davon, wenn ihre Talente in jungen Jahren nach Übersee gehen, aber dann – wie jetzt aufgrund des NHL-Verzichts auf Olympia – nicht für die Heimat spielen können.

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Die deutsche Mannschaft durfte sich über einen Sieg gegen Tschechien freuen.Foto: imago images

Ein Leon Draisaitl ist als vielleicht bester Angreifer der Welt bei den Edmonton Oilers und in Nordamerika ein Star. In seiner deutschen Heimat allerdings ist Draisaitl vielen weniger bekannt als ein Reservespieler vom Fußball-Bundesligisten SC Freiburg. Kein Wunder, hat er doch seine Auftritte tausende Kilometer von der Kölner Heimat entfernt und ist in der besten Zeit seiner Karriere einfach nicht sichtbar für die meisten Menschen in Deutschland.

Abstieg für das Juniorenturnier ausgesetzt

In Leon Draisaitls sportlicher Heimat Edmonton gibt es übrigens einen kleinen Trost für das U-20-Team der USA: Absteigen kann der Weltmeister in Quarantäne nicht. Den Abstieg haben sie nun bei der IIHF für das Juniorenturnier ausgesetzt – obwohl im Zusammenhang NHL und IIHF eigentlich alles denkbar ist.

Eines aber haben die vor allem alten weißen Männer in der Regie des Weltverbandes unterschätzt: Auch wenn die Frauen qua Regularien im Welteishockey anders behandelt werden als Männer und wie die Kinder und Jugendlichen Gittermasken oder Vollvisiere tragen müssen und nicht Halbvisiere tragen dürfen wie die Männer ab 18 – wehrlos sind sie nicht. Im Netz tobt längst der Shitstorm gegen das schräge Spiel des Weltverbandes. Angeblich erwägt IIHF-Präsident Luc Tardif nun eine Kehrtwende, was die U-18-WM der Frauen betrifft. Sie hätte im Januar stattfinden sollen. Sarah Nurse, kanadische Weltmeisterin und Olympiasiegerin im Eishockey, hat auf Twitter geschrieben: „Diese Frauen verdienen es genauso sich zu zeigen, wie die Jungs.“

Zudem haben sich viele meist ehemalige Spieler aus der NHL kritisch geäußert und mit dem US-Amerikaner Scott Mayfield von den New York Islanders nun auch ein aktueller Profi zu der Farce um die Wertung des USA-Spiels. Mayfield fragt auf Twitter: „Warum ist dieses Turnier mit seinen albernen Regeln erlaubt, aber die U18-WM der Frauen nicht?“ Weil der Weltverband im Schwitzkasten der NHL ist und sie nur an sich und das Geld und zu wenig an das Eishockey denkt – ließe sich antworten.