Die deutschen Handballer haben kaum noch Chancen auf das EM-Halbfinale

Die Szenerie erinnerte etwas an ein Familientreffen. Christoph Steinert plauderte mit dem ebenfalls in Erlangen spielenden Petter Overby, Philipp Weber klatschte sich mit seinen Teamkollegen aus Magdeburg ab. Und auch die in Kiel unter Vertrag stehenden Handballer fanden während der Erwärmung Zeit, um sich über ihre bisherigen Erlebnisse bei der Europameisterschaft auszutauschen.

Anschließend standen sie sich an diesem Freitagabend beim 23:28 (12:14) aus deutscher Sicht gegen Norwegen als Kontrahenten gegenüber.

Sieben der Handballer, die in Bratislava für Norwegen aufliefen, verdienen ihren Sold in der Bundesliga, der Rest hat entweder schon Erfahrungen in Deutschland gesammelt oder Verbindungspunkte über die unterschiedlichen internationalen Vereinswettbewerbe. Hinzu kommt sogar noch eine familiäre Verbandelung, da Linksaußen Rune Dahmke mit Norwegens Superstar Sander Sagosen nicht nur beim Rekordmeister THW Kiel zusammengespielt hat, sondern mit ihm auch noch verschwägert ist.

Nach dem Anpfiff traten all diese Beziehungen indes in den Hintergrund, es gestaltete sich ein zu Beginn umkämpftes Spiel. Die Mannschaft von Christian Berge hatte nach einer durchwachsenen Leistung in der Vorrunde am Vortag gegen Polen das eigene Selbstbewusstsein maßgeblich aufbauen können und mit einem 42:31-Sieg den Torrekord bei einer Europameisterschaft eingestellt.

Die Stimmung schlägt plötzlich um

So leicht machte es ihnen die DHB-Auswahl allerdings nicht, besonders weil die Defensive von Beginn an kompakt auftrat. Da hielt Simon Ernst mit Johannes Golla das Zentrum ausschlaggebend zusammen, nahm Steinert den Zweikampf mit Sagosen gut an, bot Johannes Bitter einen überragenden Rückhalt im Tor.

So gelang es, das Gegenstoßspiel zu forcieren und die Skandinavier mit ihren eigenen Mitteln unter Druck zu setzen. Nach zehn Minuten hatte sich das deutsche Team eine 5:3-Führung erspielt, die allerdings durch unnötige Ballverluste leichtfertig vergeben wurde, sodass das Momentum in Richtung der Norweger umschlug – auf dem Feld wie auf den Rängen. Nachdem anfangs die in schwarz-rot-gold gekleideten Zuschauer den Ton angegeben hatten, übernahm nun das rot-blaue Lager.

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Bitter, der bis zur Halbzeit schon neun Paraden verzeichnen konnte, motivierte die Zuschauer zusätzlich und wurde mit stehenden Ovationen belohnt. Selbst mit der Unterstützung gelang es jedoch nicht, gegen das einzige noch coronafreie Team bei diesem Turnier konsequenter zu agieren. Daran änderte sich nach der Pause rotz einiger engagierter Ansätze wenig.

Viele bekannte Gesichter

Mit nun schon zwei Niederlagen in der Hauptrunde steht es für die Deutschen um den Einzug ins Halbfinale schlecht. Vor allem, weil die Spanier – wenn auch nicht so sicher wie erwartet – mit 26:25 gegen Russland gewannen und Schweden sich mit 28:18 ohne große Anstrengung gegen Polen durchgesetzt hatte. Damit rangiert das Team von Alfred Gislason punktgleich mit Russland auf der vierten Position in der Gruppe II.

Bei den noch anstehenden beiden Partien gegen Schweden (Sonntag, 18 Uhr/ ARD) und Russland (Dienstag, 18 Uhr/ZDF) kommt es daher nicht nur auf jeden Punkt an, sondern ebenso auf jedes Tor. Dabei trifft die deutsche Mannschaft gegen Schweden im Übrigen erneut auf viele bekannte Gesichter. Sieben Bundesliga-Legionäre stehen im aktuellen 16er-Kader von Glenn Solberg.